: Eheverbot für Transsexuelle
■ In Großbritannien wurde die Ehe der Transsexuellen Caroline Cossey annulliert
Dublin (taz) — Die Engländerin Caroline Cossey darf zwar eine Frau heiraten, jedoch keinen Mann. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Grund für das Urteil: Caroline Cossey ist eine Transsexuelle. Sie wurde 1954 als Barry Cossey geboren, ließ jedoch im Alter von 20 Jahren eine Geschlechtsumwandlung vornehmen. Seitdem arbeitet sie erfolgreich als Fotomodell. Im vergangenen Jahr heiratete sie einen Londoner Geschäftsmann in einer freien Kirche. Die Ehe zerbrach jedoch, als Caroline Cosseys Schwiegermutter durch Presseberichte über die Geschlechtsumwandlung erfuhr. Ein englisches Gericht erklärte die Ehe im November für null und nichtig.
Die Straßburger Richter erklärten, das Recht auf Heirat beziehe sich nur auf „traditionelle Ehen“ zwischen Menschen verschiedenen biologischen Geschlechts. Eine Berufung ist ausgeschlossen. Zudem stellten die Richter fest, daß die Behörden nicht zu einer Änderung der Geburtsurkunde Caroline Cosseys verpflichtet seien. In Belgien, Luxemburg, Spanien und der Türkei ist eine solche Änderung durchaus möglich. In anderen europäischen Ländern, auch in der BRD dürfen Transsexuelle standesamtlich heiraten.
Caroline Cossey ist über das Straßburger Urteil empört: „Wenn ich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt würde, müßte ich aufgrund dieses Urteils in einen Männerknast.“ Sie betonte, daß sie seit ihrer Geschlechtsumwandlung normale sexuelle Beziehungen — „einschließlich Orgasmus“ — zu Männern habe. Da ihre Geburtsurkunde nicht geändert werden dürfe, sei sie im Umgang mit Behörden ständig gezwungen, intime Details zu enthüllen, die niemanden etwas angingen. In Großbritannien leben 20-25.000 Transsexuelle. Dreiviertel von ihnen wurden als Männer geboren. Eine anonyme Transsexuelle sagte nach der Urteilsverkündung am Donnerstag: „Wer mit einem Klumpfuß geboren wird, läßt sich operieren, und die Sache ist vergessen. Transsexualität ist dasselbe: ein Streich der Natur.“ Ralf Sotscheck
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