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Hauen und Stechen

■ Der Zentralbankrat im vereinten Deutschland MIT DEN STAATSKNETERN AUF DU UND DU

Frankfurt (dpa) — Unharmonisch verlief die erste Sitzung des Zentralbankrats der Bundesbank nach der Vereinigung. Im Gegenteil: Hauen und Stechen ist seit Wochen angesagt. Folge der Einheit: Das oberste Währungsgremium muß neu zusammengesetzt werden.

Im Kern geht es um den klassischen Konflikt um Einfluß der Zentrale oder der Regionen. Nach dem Einigungsvertrag ist binnen eines Jahres das Bundesbankgesetz an die veränderte Lage Deutschlands anzupassen. Dabei muß auch geklärt werden, wieviele Männer und Frauen die ehemalige DDR im Zentralbankrat repräsentieren. Die Bildung von fünf neuen Landeszentralbanken wird als ineffizient abgelehnt. Im allgemeinen Konsens, die Ex-DDR nur mit einem oder zwei Landeszentralbankchefs vertreten zu lassen, sah Bundesbankpräsident Pöhl die Chance, auch im Westen zu straffen. Etwa im Norden für Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein eine riesige Landeszentralbank mit nur einem Vertreter im Zentralbankrat zu etablieren. In der Mittelschiene sieht eines der zahlreichen, aber umstrittenen Modelle die Zusammenlegung des Saarlandes mit Rheinland-Pfalz und Hessen vor.

Die Vorstellungen der Modellbastler wurden aber erst einmal von der politischen Realität gestoppt. Aus den kleinen Ländern wie dem Saarland und Bremen kam ein klares „Nein“ zu Pöhls Plänen. Aber auch große, wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, die von einer Neuregelung nicht betroffen wären, wollen einen geschmälerten Einfluß der Bundesländer gegenüber der Frankfurter Notenbankzentrale nicht hinnehmen.

Somit sind die Fronten im Zentralbankrat derzeit starr. Als pragmatische Lösung wird deshalb von den Landeschefs folgende Variante favorisiert: Man läßt alles beim Alten und bildet neben Berlin etwa in Leipzig eine große Landeszentralbank für den Süden der ehemaligen DDR. Da Berlin sowieso im höchsten Währungsgremium präsent ist, käme lediglich ein Leipziger hinzu und würde den Zentralbankrat nicht übermäßig aufblähen. „Der Bundeskanzler wird sich aber in einer für ihn so unwichtigen Frage nicht mit der Länderkammer anlegen“, lautet die selbstbewußte Prognose der Regionalisten. Angesichts der enormen Finanzprobleme und der starken Stellung des Bundesrates werde sich kein Regierungschef auf diesen „Nebenkriegsschauplatz“ einlassen. Wolf Pampel

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