: Plutonium-Odysseus mit Todesfracht im All
Nasa und Esa schicken Plutonium-Sonde „Ulysses“ auf dem Rücken der „Discovery“ zur Erkundung der Sonne ■ Aus Washington Silvia Sanides
Die gemeinsam geplante „Ulysses- Mission“ von US-Nasa und Esa (Europäische Weltraumagentur) ist abgehoben. Auf dem Rücken der Raumfähre „Discovery“ wurde sie nach einer Reihe von Pannen und Protesten am Samstag in den Weltraum befördert und auf fünfjährige Erkundungsreise um die Pole der Sonne geschickt. Energiequelle für die wissenschaftlichen Geräte der Sonde ist ein mit Plutonium betriebener Generator. Etwa zwanzig Pfund dieser giftigsten aller bekannten Substanzen befinden sich an Bord der „Ulysses“. Nur ein Pfund könnte die gesamte Menschheit töten. Kritiker wie das Christic Institute wollten den Start daher juristisch verhindern — vergeblich.
Die Möglichkeit, daß es zu einem Unfall kommt, kalkulieren selbst Nasa-Statistiker zunehmend höher. So hieß es vor der Challenger-Explosion noch, daß ein Startunfall nur in einem von 100.000 Fällen möglich ist. Die Gefahr, daß es während der „Ulysses-Mission“ zur Verseuchung der Erde mit Plutonium kommt, berechnete die Nasa mit „eins zu 4.200“. Gegner der Mission fordern daher den Ersatz des Plutonium-Generators durch Sonnenenergie. Doch schon im vergangenen Oktober behaupteten Nasa-Sprecher vor Gericht, dies funktioniere nicht. Damals ging es um die ebenfalls mit einem Plutoniumgenerator ausgerüstete Weltraumsonde „Galileo“. Nur fünf Tage nach deren Start gerieten im Auftrag der Nasa ausgeführte Studien an die Öffentlichkeit, nach denen Solarenergie eine brauchbare Alternative gewesen wäre. „Ulysses“ benötigt nur 284 Watt Strom, um seine Innereien in Betrieb zu halten — soviel wie ein Handmixer. Warum also die Vorliebe für Plutonium? Nasa und Pentagon stecken bekanntlich unter einer Decke. Was aber soll das Pentagon mit Sonnenkollektoren im All? Die entgehen keiner Radarfalle, während sich ein kleiner Atomgenerator recht gut verstecken läßt. Mittlerweile schmiedet die Nasa für den Fall aller Fälle „Dekontaminations“-Pläne für Florida oder eventuelle andere Flecken des „globalen Allgemeinguts“ (sic): „Entfernung aller Vegetation, aller Muttererde, Umsiedlung von Tieren... Dauerhafte Umsiedlung der betroffenen Bevölkerung...“ Ganz schöner Rummel um 284 Watt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen