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Dicke Luft für US-Army

Krasse Verstöße bei Lagerung von Perchloräthylen Grundwasser nicht ausreichend gesichert  ■ Von Joachim Weidemann

Mainz (taz) — In europäischen US- Militärdepots — vor allem in Kaiserslautern und Germersheim — droht eine Verseuchung von Boden und Wasser durch Perchloräthylen (PER), das als Reinigungsmittel verwendet wird. Der Grund: Die US- Streitkräfte verstießen bislang bei der PER-Lagerung gegen sämtliche amerikanischen und deutschen Vorschriften. Sie überschritten die erlaubte Obergrenze der Lagerkapazität und ließen PER-Kanister verrotten. Das geht aus dem jüngsten Bericht des US-Rechnungshofs in Washington (April 1990) hervor, den die rheinland-pfälzischen Grünen gestern vorlegten.

Der Mainzer Grünen-Abgeordnete und Abrüstungsexperte Gernot Rotter forderte „angesichts dieser Verletzungen des Zusatzabkommens zum Nato-Statut sowie deutschen und amerikanischen Umweltrechts“ sofortige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Der US-Rechnungshof hatte unlängst US-Army-Depots in ganz Europa inspiziert. Seine Feststellung: Überall wurden die „Army-Direktiven für die PER-Lagerung verletzt“. Germersheim und Kaiserslautern werden dabei als die gravierendsten Fälle herausgestellt. Im Germersheimer US-Depot lagern PER-Kanister unter einer Überdachung, „aber ohne Wände“. Das Material ist „dem Wetter ausgesetzt“, verwittere und verrostete, nachdem sie im Sommer „geschwitzt haben“.

In anderen Depots wurden zudem auch die Oberlimits für die PER-Lagerung — maximal „27.500 Gallonen“ (ca. 110.000 Liter) pro Depot — weit überschritten: In Kaiserlautern liegen laut US-Report 189.000 Gallonen (ca. 756.000 Liter). Trotz der dadurch erhöhten Gefahr einer unbemerkten Leckage, so der US- Rechnungshof, gab es unterhalb der Lagerstätten „keine angemessen Auffangbecken“. Im Falle eines Lecks konnte das äußerst wassergefährdende PER also ungehindert in Boden und Grundwasser dringen.

Brisant wird der Bericht über die maroden PER-Kanister auch angesichts der Golfkrise. Denn PER — im US-Militärjargon „DS 2“ — dient den US-Streitkräften im C-Waffen- Krieg zur Dekontaminierung von Anlagen und Geräten. Sollte ein DS 2-Nachschub am Golf erforderlich sein, so kommt er wahrscheinlich auch aus der Pfalz.

Angesichts der maroden Kanister ein enormes Risiko. Ein Entweichen der Chemikalie, so warnt der US- Rechnungshof, gefährde „auch Menschen, da DS 2 schwere Verbrennungen, Schädigungen des zentralen Nervensystems und der Fortpflanzungsfähigkeit verursachen kann.“ Aufgrund dieser Risiken schlägt der US-Rechnungshof vor, auf PER-Alternativen umzusteigen. Etwa auf die der US-Air-Force: „heißes Seifenwasser“.

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