: Wildwest in Ost-Berlin Razzia in PDS-Zentrale
■ Ohne richterliche Anordnung Parteibüros durchwühlt / Immunität verletzt
Berlin (taz) — Die nächtliche Durchsuchung der PDS-Parteizentrale stellt sich als handfester politischer Skandal heraus. Die Staatsanwaltschaft rückte in der Nacht zum Freitag mit mehr als 100 Kripobeamten an und ließ das Gebäude von der Schutzpolizei weiträumig abriegeln. Man fürchtete „gebündelten Volkszorn" rechtfertigte Berlins Innensenator Pätzold (SPD) den Aufmarsch. Fünf Stunden durchwühlten die Beamten die Parteibüros und beschlagnahmten am Ende zwei Akten. Bei ihrem Zug durch die Räume machten sie auch vor den Büros und damit der Immunität der Abgeordneten Gysi und Modrow nicht halt.
Ermittelt wird wegen Veruntreuung von insgesamt 100 Millionen, die die PDS auf Konten in Norwegen und Holland überwiesen haben soll. Die Partei wird nicht beschuldigt, das Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Nach Ansicht der Behörden hätte sie es nur nicht ohne die Zustimmung der Treuhand überweisen dürfen. Wo angesichts dieser Anschuldigung die „Gefahr im Verzuge“ ist, die einzig die Durchsuchung ohne richterliche Anordnung rechtfertigt, konnte gestern in Berlin niemand beantworten. Kritik gab es quer durch die politischen Lager. FDP-Chef Lambsdorff sagte, er sähe die Staatsanwaltschaft „außerordentlich ungern“ in den Büros von Oppositionsparteien. Der ehemalige Verfassungsrichter Hirsch fand die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht gewahrt, die Grünen nannten die Durchsuchung „rechts- und verfassungswidrig“. TAGESTHEMA SEITE 3
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