: Ein Riesenschwein im Olympiastadion
■ Ausgerechnet gegen den Spitzenreiter Eintracht Frankfurt holt Hertha mit 1:0 den heißersehnten ersten Saisonsieg
Charlottenburg. Hertha hat gewonnen. Nein, nein, kein böser Scherz, es ist wirklich wahr. Noch viel sensationeller ist die unumstößliche Tatsache, daß sie dabei noch richtig gut gespielt hat. Der Gipfel dieser Angelegenheit ist aber, daß zusätzlich noch just zu diesem Spiel mit Eintracht Frankfurt die momentan beste Bundesliga-Mannschaft ihre geniale Fußball-Kunst demonstrierte, und wie! Daß die Herthaner dennoch im elften Spiel das erste Mal gewannen, dafür machte Trainer Werner Fuchs ein „Riesenschwein“ verantwortlich; sein Frankfurter Kollege Jörg Berger konnte es kaum glauben und behauptete, so etwas als Trainer noch nie erlebt zu haben.
Dabei täuscht das knappe 1:0 völlig über den Spielverlauf. 18.400 BesucherInnen sahen das spannendste, kurzweiligste und genüßlichste Bundesliga-Spiel seit langem im allgemeinen und in Berlin im besonderen. Den größere Anteil daran hatten allerdings die Verlierer. Das berühmte Eintracht-Mittelfeld mit Binz, Bein, Möller, Gründel und Falkenmayer bot über die gesamte Spielzeit eine geniale Demonstration klugen Zusammenspiels, perfekter Ballbehandlung und modernen Offensivspiels. So wie die Frankfurter permanent das Hertha-Tor berannten, trauen sich die meisten Heim-Mannschaften nicht, nach vorne zu spielen. Für die Berliner natürlich gute Gelegenheit, gefährliche Konter zu spielen. Doch die Herthaner Küken taten sich wieder sehr schwer, vor dem Tor gute Gelegenheiten zu nutzen. Nur einmal klappte es hervorragend. René Unglaube, der schon verkauft werden sollte, ließ Opa Körbel ins Leere springen, flankte zu Gowitzke, welcher zu Kruse leitete und jenem zum entscheidenden Schuß aus zehn Metern verhalf.
Die Chancen der Frankfurter Eintracht aufzählen zu wollen, dazu fehlt der Platz. Allein der überragende Andy Möller — keiner ist so leichtfüßig und schnell, so flockig und souverän am Ball — hatte sechs „Hundertprozentige“, doch dreimal retteten Pfosten, Gries und Halvorsen, alle übrigen unhaltbaren Bälle kratzte Mega-Walter Junghans mit unglaublichen Reflexen von der Linie. Am beeindruckendsten aber war, daß beide Mannschaften über die gesamte Zeit den eigentlichen Sinn dieses Spiels erfüllten, nämlich die BesucherInnen aufs beste zu unterhalten, und dabei ungemein fair blieben (eine gelbe Karte). Die Herthaner hoffen, daß nun der Knacks im Kopf gekittet ist und damit die spielerischen Möglichkeiten besser genutzt werden, denn noch ist sowohl die personelle als auch die tabellarische Situation ein wenig mehr als trostlos. Schmiernik
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