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Reif für die Insel

■ Freie Fahrt — das Tor ist fällig KOMMENTAR

Das Tor der Deutschen, das Tor aller Deutschen, das deutschste aller deutschen Tore — als Verkehrsinsel? Ja, warum eigentlich nicht? Zur echten Hauptstadt gehört ja wohl auch die repräsentativste Verkehrsinsel des Vaterlandes! Schließlich kann Vattern mit dem Passat auch im schnödesten Safaripark ganz einfach an Löwen und Gazellen vorbeigleiten, und die Hamburger bestellt er auch gern durchs Seitenfenster. Andacht ist möglich — erst recht im Stau, wo sonst nur das Wunschkonzert mehr schlecht als recht Trost bietet. Wieviel mehr Menschen könnten so quasi en passant an die wiederhergestellte Quadriga, dieses Symbol für individuellen Verkehr und grenzüberschreitende Mobilität, heran- bzw. an ihr vorbeigeführt werden! Geschichte live! Für Rucksacktouristen und Fernsehkorrespondenten kann ja gerne auch ein Fußgängertunnel gegraben werden, falls Speer oder die Stasi dies nicht längst schon getan haben sollten. Auch die Siegessäule kann auf diese Weise bequem erreicht werden.

Unsere Nachbarn in Europa kennen solche Probleme erst gar nicht! Den Triumphbogen in Paris kann man umrunden, so oft man will. Und welcher Londoner käme bitte auf die Idee, den Piccadilly Circus zur Fußgängerzone zu erklären? Daß die Straße »Unter den Linden« endlich so viel Verkehr aufnimmt, wie sie vertragen kann, das wird praktisch denkende BerlinerInnen doch nur freuen — zumal sie Espresso und Currywurst ohnehin am liebsten direkt unter dem Auspufftopf einnehmen. Wenn die Abgase das Tor erstmal ordentlich zerfressen haben, dann hat es die Patina, die Berlin wieder so richtig schön alt aussehen läßt. Hans-Hermann Kotte

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