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PDS am Ende

■ Der Millionendeal ruiniert die „Partei des demokratischen Sozialismus“ endgültig KOMMENTARE

Bis zum Beweise des Gegenteils muß davon ausgegangen werden, daß der Parteivorsitzende der PDS, Gregor Gysi, wirklich nichts von dem Millionendeal wußte, den sein Stellvertreter und PDS-Schatzmeister Wolfgang Pohl veranstaltet hat. Dennoch wird sich Gysi nicht aus der politischen Verantwortung herausreden können. Denn offenbar gab es eine „Partei in der Partei“, und an der Spitze stand immerhin der Mann, der die SED-Hinterlassenschaft glaubwürdig zu verwalten hatte. Diese seine persönliche Glaubwürdigkeit ist ruiniert. Wenn Gysi zur Geschlossenheit ruft, indem er auf „rechte Kräfte“ verweist, die den Skandal als „Chance zur Auslöschung der sozialistischen Idee“ nutzen würden, dann flüchtet er sich in die billigste Ausrede aus dem kurzen Lehrgang der SED-Schulungen. Wenn einer die Chance auf einen Neuanfang der sozialistischen Idee in den Dreck gezogen hat, dann war es die von ihm geführte PDS. Mit dem Eingeständnis des PDS- Schatzmeisters ist zugleich ein neuralgischer Punkt der Konstruktion PDS zerbrochen: Es war Gysi selbst, der sich im vergangenen Jahr dafür einsetzte, den Traum vom Sozialismus nicht in einer neuen Parteigründung zu suchen, sondern die Nachfolgeschaft der SED anzutreten — das Parteivermögen war Gysis ausdrückliches Argument gegen eine Neugründung. Der nachkontrollierbare Umgang mit den Finanzen war deshalb eine Bedingung für die Glaubwürdigkeit der neu-alten Parteikonstruktion PDS. Mit den von der SED und ihrem Staatsapparat zusammengerafften Milliarden konnte kein neuer Anfang gemacht werden. Der Konstruktion PDS lag die Behauptung zugrunde, daß die Trennung legal und illegal erworbenen Geldern und Liegenschaften möglich sei. Mit dem Geld hatte die PDS die Mitgliedschaft und den hauptamtlichen Apparat der SED übernommen. Kein Zufall, daß der Hauptakteur des Millionendeals, Karl-Heinz Kaufmann, aus diesem SED- Apparat kommt. Er ist kein Einzeltäter: Der Schatzmeister hat das Geld offensichtlich für den Teil der PDS retten wollen, der geistig noch in der alten Zeit lebt und der — im wohlverstandenen Eigeninteresse — die finanzielle Austattung des Apparates als entscheidendes Instrument der Politik begreift. Die PDS, auf die sich Pohl stützt, hat offenbar nicht begriffen, was Öffentlichkeit und Pressefreiheit in einer Demokratie für die Politik bedeuten. Es ist nicht die geläuterte Partei, die Gysi öffentlich propagiert hat.

Der stellvertretende Vorsitzende der PDS hat also den Punkt, an dem die SED-Nachfolgepartei PDS ihren Anspruch, eine neue Partei zu werden, getroffen. Wenn die Austrittswelle, die jetzt kommen muß, vorbei ist, werden die übrig bleiben, denen das Geld wichtiger ist als die Glaubwürdigkeit. Die „Partei des Demokratischen Sozialismus“ ist am Ende, was übrig bleibt, ist die Konkursmasse der SED. Klaus Wolschner

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