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UNTERM STRICH

Dem französischen Theaterleben droht der Regisseurstod. Nachdem in diesem Jahr bereits Antoine Vitez, Leiter der Pariser Comédie Fran¿aise, gestorben ist, erlag am 1. November ein Kollege, der vierzigjährige Pierre Romans einem Herzinfarkt. Bis Mai 1990 leitete Romans die Theaterschule am ThéÛtre des Amandiers/Nanterre, Wirkungsstätte von Patrice Chéreau, der wiederum vor einem Jahr die Leitung des Theaters niedergelegt hatte und seitdem nur noch Filme drehen will. Pierre Romans inszenierte mehrfach Tschechow.

Luxemburg ist vorläufiger Sitz eines neu kreierten Euroballetts, das — im übrigen wie alle Ballett-Truppen — multinational zusammengesetzt ist und Auftragswerke von Komponisten aus den EG-Ländern aufführen möchte. Die Finanzierung des Balletts ist noch ungeklärt. Bis nächsten Sommer zahlt Luxemburg, danach sollen Sponsoren, die zwölf EG-Länder und eventuell wechselweise die Europa-Kulturhauptstädte die Existenzsicherung der Ballettkompanie übernehmen. Weltpremiere hat das klassisch-modern tanzende Euroballett am 19. Dezember mit Choreografien nach Musik von Mendelssohn-Bartholdy, Glorieux, Vaughan Williams und Strauss. Keine Premiere ohne Voraufführung, die darf in Leipzig am 10. November im dortigen Opernhaus stattfinden. Wie 'adn‘ meldet, sind acht Tänzer aus den östlichen Bundesländern dabei.

Pina Bausch erhält den mit 50.000 Mark dotierten Staatspreis Nordrhein- Westfalens. In der Begründung heißt es, die Tänzerin habe das Wuppertaler Ensemble zu einem gefragten „Exportartikel“ der deutschen Kulturszene gemacht.

Auf der Theaterseite vor genau einer Woche würdigte Stephan Käppler eine Gesamtausgabe mit Texten des expressionistischen Dichters August Stramm. Der Autor bedauerte, daß Stramm als Dramatiker nach 1945 auf deutschen Bühnen keine Chance erhalten hätte. Falsch! Gerade eben hatten zwei „Gewaltakte“ Stramms mit der Gruppe Babylon in der Hamburger Kampnagelfabrik Premiere.

Auch die Theater nehmen den 9. November umfassend zur Kenntnis, sowohl als Datum der berüchtigten Reichspogromnacht, als auch der Nacht, in der die unselige Mauer fiel. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zum Beispiel lädt an diesem Freitag um 21.45 Uhr im Anschluß an eine „Antigone“-Vorstellung zu einer Sonderveranstaltung: „Was bleibt? Zwischen Opportunismus und Widerstand. Zur Debatte um Christa Wolf“. Auf dem Podium: Eva Schuckhardt, Ernst Alisch, Michael Altmann, Jens Berthold, Gerd Braasch, Volker Canaris, Sylvester Groth, Nico Grüneke, Bert Hahn, Peter Harting, Peter Kremer und Christoph Quest. Das Deutsche Theater Berlin läßt um 20.30 Uhr Inge Keller Texte von Grete Weil lesen: „Selbstbefragung und Suche nach Verstehen — bei sich selbst und anderen, heißt es in der Pressemitteilung. Die Württembergische Landesbühne Esslingen verlegt den 9. auf den 10. November und startet unter dem Titel „Deutschland fällt zusammen“ eine Trilogie der laufenden Ereignisse. Teil I: „Von der Stunde Null bis zur Stunde X. Vom Stasi zum Aldi.“ Ein Abend mit Peter Grohmann. „Ein lachender Clown, ein Mensch, der weint“, schreibt ‘Die Zeit‘. Das Staatstheater Darmstadt wiederum hat seine Uraufführung von „Die Verabredung“, ein Stück des israelischen Autors Gabriel Dagan, eben wegen des 9. November kurzfristig auf den 11. verschoben.

Die Dramaturgische Gesellschaft hält ihre Jahrestagung vom 21. bis 24. November in der Ost-Berliner Akademie der Künste ab. Themen diesmal: Theater der DDR, Theaterland Polen und die deutsch-deutsche Intellektuellenschelte. Genaueres: Dramaturgische Gesellschaft, Tempelhofer Ufer 22, 1000 Berlin 61.

Tina Turner hat am Sonntag mit einem letzten Konzert in Rotterdam ihre gut 30jährige Bühnenkarriere beendet. Turner, die am 25. November 50 Jahre alt wird, will künftig nur noch im Tonstudio für neue Plattenproduktionen auftreten. Das hatte sie bereits vor zwei Jahren angekündigt, sich dann aber doch nochmal zu einem kurzen Comeback entschlossen.

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