: Bundestag soll über Nato-Geheimdienst beraten
■ Der Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), Wilfried Penner (SPD), kritisiert das Verfahren INTERVIEW
taz: Seit wann wissen Sie von dem Nato-Geheimdienst?
Wilfried Penner: In der vorvergangenen Woche wurde ich von einem Journalisten angesprochen. Ich hab gesagt, das hör ich zum ersten Mal.
Aber Sie waren doch unter Bundeskanzler Schmidt auf der Hardthöhe tätig. Haben Sie da nicht von dieser Organisation gehört?
Bei allen Vorbehalten — es ist ja beinahe ein Jahrzehnt her — nein. Nun muß man an die damalige Zeit denken. Wir waren ja vollgepackt mit Haushaltsschwierigkeiten erstens, zweitens mit dem Problem Tornado und drittens hatten wir ja überaus reichlich zu tun mit dem damaligen Nato-Doppelbeschluß.
Die großen Parteien haben doch auch die Chefs der Nachrichtendienste gestellt. Flossen auf dem Weg keine Informationen?
In den 80er Jahren war es ja so, daß Chefs des BND Hellenbroich und Kinkel waren. Beim MAD war es Schmähling, dann Behrend. Beim BfV jetzt Herr Boeden, früher auch mal Hellenbroich, der dann später zum BND übergewechselt ist. Von diesen Herren ist keiner Sozialdemokrat. Das BKA allerdings wurde bis März vergangenen Jahres durch einen sozialdemokratischen Beamten geleitet, der Herr Boge. Aber das BKA hat ja mit dieser Angelegenheit nichts zu tun.
Nun stellen sie als Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkomission, die eigentlich die Arbeit der Geheimdienste überwachen soll und am Donnerstag das Thema debattiert, fest, daß Sie jahrelang hinters Licht geführt worden sind.
Jedenfalls besteht von unserer Seite Aufklärungsbedarf. Ich bin aber, was den Fall Gladio angeht, nach wie vor der Meinung, daß das vorrangig eine Angelegenheit der Landesverteidigung ist und ich wehre mich dagegen, daß die notwendige Diskretion der PKK dazu dienen soll, diesen Vorgang unter den Teppich zu kehren. Ich bin der Meinung, daß das Unternehmen Gladio mit einem Höchstmaß an Öffentlichkeit aufgearbeitet werden muß und dann politische Konsequenzen gezogen werden müssen. Die PKK ist dafür nicht das richtige Gremium.
Stay behind muß also im Bundestag behandelt werden?
Ja, zunächst in den Fachausschüssen, die nicht eine solche Diskretion erfordern wie die PKK, gegebenenfalls auch im Bundestags-Plenum.
Sollten die Stay-behind-Agenten ins zivile Leben entlassen werden, wären sie doch eine Gefahr für die Gesellschaft, das sind gut ausgebildete Untergrundkämpfer und Saboteure mit sehr detaillierten Kenntnissen. Was schlagen Sie vor?
Ich möchte zunächst einmal von der Bundesregierung hören, wieviele und welche Leute, mit welcher Qualifikation und mit welchem Berufsprofil bei dieser Aufgabe tätig sind, und was die Bundesregierung zu tun gedenkt, falls sie diesen Dienst oder diese Abteilung auflösen will.
Gehört dazu auch die Veröffentlichung der Namen der Agenten?
Dazu sehe ich noch keinen Anlaß.
Werden Sie das, was Sie in der PKK erfahren, der Öffentlichkeit zugänglich machen?
Nein. Also wenn ich in einem Gremium bin, das diskret tagt, dann muß man sich an die Rahmenbedingungen halten. Ich werde aber dafür eintreten, daß das, was in der Öffentlichkeit behandelt werden muß, auch in der Öffentlichkeit behandelt wird. Interview: Dorothea Hahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen