: Fahrkarten nur für Westberliner Schüler
■ Ostberliner Schüler müssen selbst zahlen/ Bezirkspolitiker raten, Härtefallanträge zu stellen
Berlin. Die einen bekommen sie umsonst, die anderen nicht: Die Senatskasse hat nur für bedürftige Schüler aus dem Westteil Fahrkarten übrig — die Klassenkameraden aus dem Ostteil müssen die Tickets selbst bezahlen. Da das Westberliner Schulgesetz bis zum 1. August nächsten Jahres noch nicht für den Ostteil gilt, lehnten die Bezirksschulämter zahlreiche Rückerstattungsanträge ab. Durch die Aufnahme von Schülern aus Ost-Berlin dürften keine zusätzlichen Kosten entstehen, heißt es in der ausschlaggebenden Verwaltungsanweisung.
Allein in der Hermann-Hollerith- Oberschule in Steglitz sind rund 20 Schüler betroffen, so deren Rektor, Hansjörg Ebert. Durch die Schließung der betrieblichen Berufsschulen im Ostteil haben die Schüler keine Wahl und sind auf Westberliner Berufsschulen angewiesen. Gestern trugen sie die Ungleichbehandlung auf einer Wahlkampfsinformationsveranstaltung im Reichstag den verdutzten Politikern vor. »Wie sollen die Schüler die Fahrkarten bezahlen«, fragte Schülersprecherin Patricia Schmidt, »wenn der Vater arbeitslos und die Mutter Hausfrau ist?«
Der Steglitzer Bezirksstadtrat Thomas Härtel (SPD) empfahl den Schülern auf Anfrage der taz, gegen die Ablehnungsbescheide Widerspruch einzulegen. Bisher trauten sich die betroffenen Schüler jedoch nicht, gegen den Verwaltungsapparat zu klagen. Zu tief stecke die Angst vor dem ehemaligen Stasi-Apparat in den Knochen, so der Schulrektor. Härtel will jetzt bei der Senatsverwaltung eine Ausnahmegenehmigung beantragen, um Härtefälle zu verhindern. Wolf-Dieter Teiche von der Senatsverwaltung sagte auf Anfrage, es müsse geprüft werden, inwieweit eine »moralische Verpflichtung« bestehe.
Derweilen werden in Tiergarten und Neukölln die Verwaltungsanweisungen unbürokratischer ausgelegt. Der Volksbildungsstadtrat von Tiergarten, Norbert Schmidt (CDU), erklärte, daß die Kostenerstattung bisher »überhaupt noch nicht geregelt« sei. Zwar habe er noch keinen Antrag eines Ostschülers auf Fahrgeldrückerstattung erhalten, er werde einen Antrag aus Prenzlauer Berg aber genauso wie einen Antrag aus Wedding behandeln. Und auch in Neukölln ist die Verwaltung auf seiten der Schüler. »Wo der Schüler herkommt, ist doch vollkommen egal«, so der Neuköllner Verwaltungsreferent Jürgen Behrendt. Rochus Görgen
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