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STANDBILDSzenen der Wendezeit

■ Das Magazin der Bilder, 22.40 Uhr, ZDF

Die Zeit der Wende, die uns die Einheit brachte, ist vorbei. Die erste Wiederkehr des Mauerfalles bereits abgefeiert. Eine Vielzahl von Dokumentationen, ein Dokumentarspiel und ein fast genialer Marcel Ophüls, der am 9.Dezember mit Novembertage einen Maßstab setzte, haben einen Schlußpunkt gesetzt.

Wer da meinte, das Thema sei damit im Kasten, hat sich getäuscht. Denn dieses epochale Ereignis hat auch diejenigen auf die Straße getrieben, die keine große Redaktion hinter sich haben und keinen Vertrag mit der BBC in der Tasche. Ich meine die freien Filmemacher und Produzenten. Auch sie sind mit der Kamera in der Hand und dem Fotoapparat über die Schulter durchs Land gezogen.

Die umfangreichste Darstellung, die extensiv recherchierteste Dokumentation, die klügste Analyse kann immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit sein, nicht mehr und nicht weniger. Da ist immer noch Platz für ein anderes Detail, für eine Darlegung die einen anderen Blickwinkel hat, für einen Zusammenhang, der noch nicht gedacht war, vor allem aber für Bilder, die sich von denjenigen unterscheiden, die wegen ihres inflationären Gebrauches schon fast schal geworden sind. Der Verdienst von Thomas Schadt liegt genau darin, ganz andere Bilder eingefangen zu haben, andere Verknüpfungen vorgenommen zu haben.

Entstanden ist so ein schwarz- weiß gehaltener Bilderbogen höchst subjektiv gefärbter Eindrücke — obwohl sich der Autor wohlwollend zurück hält —, gespickt mit Gesprächen und Filmsequenzen, der die Befindlichkeit der Deutschen einfängt.

Was hat ein Manager, der über die Düsseldorfer Königsstraße flaniert und eloquent die rheinländische Leichtlebigkeit preist, mit einem Rentner zu tun, der zurück in seine Heimat DDR fährt und seinen Landsleuten die Vorteile der D-Mark-Partei schildert? Und was haben die Bilder des Rosenmontagszuges in Köln, der wegen heraneilender Sturmböen verschoben und schließlich abgesagt werden muß, mit demjenigen gemein, das Walter Momper zeigt, der abwesend auf den Monitor starrt, während oben seine Halbglatze geschminkt wird. Alle Szenen, alle Bilder finden in Deutschland statt, werden durch das unsichtbare Band der Wendezeit zusammengehalten. Die gemeinsame Zeit bildet den Fokus.

Ganz unprätentiös gelingt dem Filmemacher mit ruhigen bis skurrilen Standbildern, mit Interviews, dazu Kamerafahrten die bevorzugt über Gehwege und Platten gleiten, ein eindruckvolles Dokument des Umbruches, der eine neue Zeitrechnung einläutet. Denn was sagt die alte Oma, als sie am Tag der Währungsunion das erste Westgeld in den Händen hält: „Es ist ein Gefühl, als wenn jetzt erst der Krieg zu Ende sei.“ Karl-Heinz Stamm

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