ai kritisiert Hinrichtungen im Iran

■ Allein im September dieses Jahres wurden 100 politische Gefangene gehängt/ 5.000 Hinrichtungen in den letzten drei Jahren/ Auch im Ausland sind iranische Oppositionelle zunehmend bedroht

London (dpa/taz) — Mehr als 5.000 Menschen sind in den letzten drei Jahren im Iran hingerichtet worden, teilte die internationale Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ (ai) in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht mit. „Ein ,Todesausschuß‘ schickte die Hälfte dieser Menschen innerhalb weniger Monate des Jahres 1988 an den Galgen“, schreibt amnesty über „die schlimmste Welle politischer Hinrichtungen seit den frühen achtziger Jahren“.

Allein im September seien mehr als 100 politische Gefangene im Iran hingerichtet worden. Wie es in dem amnesty-Bericht weiter heißt, werden Menschen auch weiterhin festgenommen und gefoltert, nur weil sie sich der Kritik an fehlenden Menschenrechten und mangelnder Freiheit im Iran angeschlossen hatten. „Die Menschen werden oft wenige Tage nach ihrer Festnahme hingerichtet“, berichtet die Organisation. „Rechtsbeistand wird ihnen verweigert, und sie haben nicht die Möglichkeit, entlastende Zeugen zu bringen oder Berufung gegen ihre Verurteilung einzulegen.“

Allein 1988 sind nach amnesty- Angaben über 2.500 Menschen auf Geheiß des „Todesausschusses“ heimlich innerhalb weniger Monate getötet worden, nachdem sie zum größten Teil jahrelang unrechtmäßig eingesperrt waren. Ihre Familien wußten danach oft nicht, was mit ihnen passiert war. Manche suchten auf Friedhöfen in frisch ausgehobenen Massengräbern nach ihren Angehörigen.

Die ersten acht Monate 1990 zeigten zwar eine Abnahme der Zahl der Hinrichtungen, doch nachdem Anfang September eine neue Initiative zur Bekämpfung des Drogenhandels in Gang gesetzt wurde, stieg ihre Zahl wieder sprunghaft an. Innerhalb von zwei Wochen wurden zwei Gruppen von 44 bzw. 48 Menschen in Mashad erhängt. Die Hinrichtungen folgten auf eine Ankündigung von Hojatoleslam Moqtadai, Präsident des Obersten Gerichtshofes, Ende August. Seither ist es das erklärte Ziel, überführte Drogenhändler innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Verhaftung hängen zu können.

Amnesty international tritt grundsätzlich gegen die Todesstrafe auf und weist darauf hin, daß außerdem derartige Schnellgerichtsverfahren mit den Verpflichtungen Irans gegenüber dem internationalen Menschenrechtskodex unvereinbar sind.

Ebenso wie über die ungeheure Zahl gerichtlich verfügter Hinrichtungen im Iran ist ai zunehmend über ein anscheinend planmäßiges Vorgehen gegen im Ausland lebende iranische Oppositionelle besorgt. Der jüngste Vorfall betrifft Sirous Elahi, ein prominentes Mitglied der Organisation „Fahne der Freiheit“, der am 23. Oktober dieses Jahres in seiner Pariser Wohnung erschossen aufgefunden wurde. Ein anderes Mitglied der Gruppe, Ayatollah Byahmadi, wurde im Juni 89 in einem Hotel in Dubai erschossen. Weitere Morde an führenden Mitgliedern anderer Oppositionsgruppen folgten im Juli und August 1989 sowie 1990, darunter die Ermordung von Dr. Kazem Rajavi, einem Vertreter der Volksmudschahedin. Er wurde im April 1990 in Genf erschossen.

Im August 90 wurde ein politisch aktiver iranischer Kurde in der türkischen Stadt Konya ermordet, im September wurde die Ehefrau eines anderen kurdischen Exilanten in Schweden durch eine Briefbombe getötet.

Ai fordert die iranische Regierung auf, die „erbarmungs- und rücksichtslosen“ Menschenrechtsverletzungen zu beenden.