: Dreizehn Navy-Schiffe schon vollbeladen
■ In Bremerhaven läuft Verschiffung der Golf-Kriegsgüter auf Hochtouren / Halbzeit bald erreicht
Gestern morgen. Auf der Autobahn Bremen — Bremerhaven: Hinter Ihlpohl zockelt der erste US-Militärkonvoi. Einige Kilometer weiter ist ein Autobahnparkplatz großräumig für die US- Army abgesperrt. Eines der blauen Parkplatzschilder ist weiß überklebt. „Besetzt“ steht darauf.
Seit dem 20. November läuft über bundesdeutsche Verkehrswege der größte Waffentransport der hiesigen Nachkriegsgeschichte. Für die US-Army ist Bremerhaven bei der „Operation Wüstenschild“ europaweit wichtigster Umschlagshafen. Fünf Bundesbahnzüge und neun Konvois mit Kriegsmaterial aus süddeutschen US-Kasernen kommen pro Tag im stadtbremischen Nordhafen an. Über Rotterdam und Amsterdam zusammen werden nur halb soviel Kriegsschiffe abgefertigt.
„Schon ein beklemmendes Gefühl, jeden Tag solche Massen zu sehen“, sagt der Taxifahrer vor der Carl-Schurz-Kaserne: „Mit dem Geld könnte man ganz Rußland satt machen und die Dritte Welt noch dazu.“ Dann hält er einen Vortrag über die Tierwelt, in der es „so ein Morden“ nicht gebe.
Drinnen in der Kaserne zieht der US-Presse-Offizier, Fred Milton, eine Zwischenbilanz: Beim Verladen sei knapp Halbzeit. Von den insgesamt 30 bis 35 Kriegsschiffen, die die 500 GIs im Zwölfstunden-Schichtbetrieb in Bremerhaven beladen sollen, sind zwölf bereits vollgestopft abgefahren. Das dreizehnte, die „Kubbar“ soll heute nacht losmachen. Außer ihr lag gestern noch die die riesige, graugestrichene „Pollux“, am Kai. In ihrem Bauch Stoßstange an Stoßstange: olivgrüne Militär-LKW.
Sämtliche 2.000 US-Armee- SoldatInnen im Bremerhavener Raum sind mit der Transportaktion befaßt. Aus Süddeutschland wurden 500 GIs dazugeholt. Sie logieren in Turnhallen. „Es ist wie rausfahren zum Camping“, kommentiert der Presse-Offizier leger ihr Leben.
Wieviel die „Bremer Lagerhaus Gesellschaft“ an dem „Riesengeschäft“ verdient, will er nicht verraten. Er jedenfalls glaube nicht, daß es am Golf Krieg gebe: „Ich war in Vietnam. Wer einmal im Krieg war, will keinen zweiten mehr.“ Er hoffe, wie wohl alle hier, daß die Schiffe bald vollbeladen zurückkämen. Auf seinem Ordner ist die „Ope
Verladung von Kriegsgütern in Bremerhaven rund um die UhrFoto: Wolfram Steinberg
ration Wüstenschild" als Comic abgebildet: Eine Ente mit Sonnenhütchen und klobigen Army- Stiefeln stapft wohlgelaunt durch den Wüstensand.
Auch Arbeiter der „Bremer Lagerhaus Gesellschaft“ (BLG) sind am Umschlag beteiligt. Hermann Waibel, oppositioneller Betriebsrat bei der BLG: „Bei mir stößt das Kriegsgerät schon auf
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Widerspruch. Viele Kollegen gucken beim Verladen schon genau hin, machen zynische Sprüche.“ Hermann Waibel: „Aber rechtlich können wir nichts machen.“ Waibel weiter: „Machen wir uns nichts vor: Die Ostermarschierer rennen im Kreis, wenn schön Wetter ist. Von denen hab ich hier noch niemanden gesehen. Das ist für mich bedrückend.“
Auf der Heimfahrt von Bremerhaven im Zug, gestern nachmittag: Der Kreis schließt sich: Kurz vorm Bremer Hauptbahnhof stehen US-Panzer. Eine Mutter blickt aus dem Fenster, zeigt sie ihrer kleinen, juchzenden Tochter. Die Kleine fragt nach, und die
Mutter gibt gutgelaunt Antwort: „Die fahren nach Saudi-Arabien.“
Barbara Debus
Bremer GolfkriegsgegnerInnen treffen sich jeden Montag im Haus des Bundes Deutscher Pfadfinder, Am Hulsberg 136, um 20.00 Uhr. Jeden Sonntag werden Flugblätter vor dem Kasernentor der US-Kaserne in garlstedt verteilt (10.00-14.00 Uhr). Das Kontakttelefon für friedensliebende US- Soldaten ist jeden Abend von 19.00 bis 21.00 besetzt, Tel. 0421/38 16 15
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