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Wo treibt man mir den Teufel aus?

■ Handbuch über Bremens Religions-Gemeinschaften

Fromm sein kann man in Bremen auf 70 verschiedene Arten. Das hat der Religionswissenschaftler Peter Meier-Hüsing herausgefunden, der zwei Jahre lang ABM-finanziert den religiösen Untergrund unserer Stadt durchstreifte. Herausgekommen ist ein Handbuch, ein Nachschlagewerk für Glaubensfragen.

In Bremen hat zum Beispiel der Druiden-Orden 34 Mitglieder. Sie tagen im Ölzweig-Haus an der Kurfürstenallee, und wer Druide werden will, findet in Meier-Hüsings Buch auch eine Kontaktadresse. Stillschweigen über Ordensriten ist verbindlich, deswegen gibt es leider keine delikaten Einzelheiten. Auch nicht über die Rosenkreuzer-Gemeinschaft, die Internationale Gralsbewegung oder die Darbysten. Von allen Gruppen erfährt man aber, woran sie glauben, wie ihr weltanschaulicher Hintergrund aussieht und wie ihre Organisation aufgebaut ist.

Über die Bremer Missionsgemeinde kann man dem Handbuch entnehmen, daß die guten Christen sich dort gegenseitig immer wieder und mit Lust den Teufel austreiben. „Die ‘dämonische Besessenheit' wird zu einem zentralen Aspekt der Lehre und Praxis, denn jeder Mensch gilt grundsätzlich als besessen und muß daher gewisse Austreibungen über sich ergehen lassen“, schreibt Meier-Hüsing vornehm. Zu der Gruppe gehören rund 100 Menschen, besonders viele junge Leute. Vor gut zehn Jahren ist die Gruppe aus Bibelkreisen evangelischer Kirchengemeinden hervorgegangen.

Zur religiösen Vielfalt Bremens haben die Zuwanderer viel beigetragen: Die Arbeitsimigranten aus der Türkei brachten alle islamischen Glaubensrichtungen mit. „Die religiösen Gegensätze Anatoliens finden sich nun in einem Hochhaus wieder“, sagt der Autor. Im gleichen Bremer Hochhaus wohnen oft auch noch frühchristliche Gruppen und Yesidis, die daheim von den Moslems mit Steinen und Knüppeln vefolgt wurden und deshalb nach Europa flüchteten. Deutschstämmige Aussiedler aus der Sowjetunion sind meistens strenge Christen, die ihre Kinder nicht am Bio-Unterricht teilnehmen lassen: Vorsicht Fortpflanzung! mw

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