: PDS unter „offener Beobachtung“
■ Innenministerbeschluß zur Prüfung der Verfassungsfeindlichkeit der Partei
Dresden/Berlin (ap/dpa/taz) — Die Innenminister der sechzehn Bundesländer haben sich auf ihrer Konferenz in Dresden für eine „offene Beobachtung“ der PDS durch den Verfassungsschutz ausgesprochen. Dies bedeutet im Gegensatz zur nachrichtendienstlichen Überwachung die Auswertung „allgemein zugänglicher Informationen“ über die SED-Nachfolgepartei. Die Beobachtung solle zu einer „raschen und einheitlichen Klärung der Frage der Verfassungsfeindlichkeit der PDS“ führen, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Baden-Württembergs Ressortchef Dietmar Schlee.
Mit der Entscheidung für die offene Beobachtung widersprach die Innenministerkonferenz mehrheitlich der Forderung des bayerischen Amtskollegen Edmund Stoiber, der für eine sofortige nachrichtendienstliche Überwachung der Partei eingetreten war. Bayern hatte im Vorfeld der Konferenz damit gedroht, notfalls auch „im Alleingang“ gegen die PDS vorzugehen. Davon rückte Stoiber auf der Dresdner Konferenz ab. Man wolle, so Stoiber, zunächst bis Ende Januar 1991, keine nachrichtendienstlichen Mittel gegen die PDS einsetzen, um ein einheitliches Vorgehen der Länder zu wahren. Zumindest für Stoiber steht allerdings das Ergebnis der jetzt angekündigten offenen Beobachtung bereits fest: Die PDS sei aufgrund ihrer Programmatik „die auf dem marxistisch-leninistischen orthodoxen Fundamentalismus beruht, als verfassungsfeindlich einzustufen“.
Zur Frage einer PDS-Überwachung war es auf der Konferenz zu einer mehrstündigen Kontroverse gekommen, bei der vor allem die Innenminister Brandenburgs und Sachsens, Alwin Ziel und Rudolf Krause, davor warnten, die PDS von vornherein als verfassungsfeindlich einzustufen. Mit diesem Votum fanden sie sich in Übereinstimmung mit Innenminister Schäuble, der zu Beginn der Woche ebenfalls erklärt hatte, für die Notwendigkeit einer nachrichtendienstlichen Beobachtung der PDS gebe es „keine hinreichenden“ Anhaltspunkte. Die jetzige Absichtserklärung der Innenminister entspricht auch dem Votum der Mehrheit der Verfassungsschutzpräsidenten in Bund und Ländern, die eine nachrichtendienstliche Überwachung zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls ablehnen.
PDS-Chef Gregor Gysi hatte den Vorstoß des bayerischen Innenministers bereits letzte Woche als völlige Fehleinschätzung der Partei bewertet. Der stellvertretende PDS-Vorsitzende Andre Brie nannte den Dresdner Beschluß „skandalös“. Brie sagte am Sonntag, seine Partei sei von ihrem Programm und ihrer Politik her „eindeutig demokratisch“ und verfassungstreu. Brie: „Jede Mark für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist rausgeschmissenes Geld.“ eis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen