: amnesty heißt nicht vergessen
■ Seit 1968 arbeiten ai-Gruppen auch in Bremen für politische Gefangene
Mit einer Mahnwache gegen die Todesstrafe und einem Stand in der Innenstadt erinnerten die Bremer Gruppen von amnesty international (ai) vor Weihnachten an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor 42 Jahren. Damit hatten die Vereinten Nationen damals einen Auftrag an alle Länder der Welt gegeben, diese Grundregeln zur Bewahrung der Menschenwürde einzuhalten. Wie es in der Realität damit aussieht schilderte Katrin Schmidt, ai-Sprecherin des Bezirks Bremen-Ostfriesland so: „Es ist eine Tatsache, daß die Todesstrafe heute noch in 99 Ländern der Erde angewandt wird, teilweise für Vergehen wie Ehebruch oder Mord. Allein in den USA warten Hunderte von Menschen in den Todeszellen auf ihre Hinrichtung.“ Die USA und die Türkei wollten die Todesstrafe sogar noch auf weitere Straftaten anwenden. Durch Aktionen von ai konnte das zumindest verhindert werden: In beiden Ländern wurden diese Vorschläge zurückgezogen.
Mit einer Mahnwache vor dem Dom und einem Informationsstand in der Innenstadt traten die Bremer Gruppen von amnesty international gegen die Todesstrafe an die Bremer Öffentlichkeit. Auch 42 Jahre nach der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die vereinten Nationen ist die Verwirklichung dieser Ideale noch lange nicht erreicht. Deshalb setzt sich amnesty international seit fast 30 Jahren gegen Menschenrechtverletzungen weltweit im Sinne der UN-Erklärung ein.
Heute gibt es sieben ai-Gruppen in Bremen, alle mit rund zehn Aktiven. Im ganzen Bezirk, der sich von Emden über Oldenburg bis nach Bremen erstreckt, gibt es 25 Gruppen mit ca. 350 Mitgliedern. Die erste Bremer Gruppe entstand 1968, ausgehend vom Versöhnungskreis der Stefanigemeinde, der erste Kontakte mit der Londoner Zentrale knüpfte. Seit 1982 hat Amnesty auch ein festes Büro in der Villa Ichon am Goetheplatz 4. Das Büro dient als Anlaufpunkt für die Bremer Gruppen, steht aber auch allen anderen offen, die sich über ai informieren wollen. Hier werden Ausstellungen, Infostände und Aktionen organisiert, Bücher, Poster und Buttons verkauft. Jetzt wurde auch ein Telefaxgerät angeschafft, welches eine noch schnellere Information bei Hilfsmaßnahmen ermöglicht.
Die Zielsetzung der Organisation: die Freilassung aller gewaltfreien politischen Gefangenen, faire und zügige Gerichtsverfahren für alle politischen Gefangenen und die Beendigung von Folter und Hinrichtungen.
In den letzten Jahren haben immer wieder ai-Gruppen auf das „Verschwindenlassen“ von Menschen aufmerksam gemacht.In Guatemala beispielsweise, das Land mit den meisten Verschwundenen in Mittelamerika, wurden 1980 26 Gewerkschaftler verhaftet. Seitdem gibt es keine Lebenszeichen mehr von ihnen. ai fragt bei der Regierung Guatemalas ständig nach. In vielen Ländern werden Oppossitionelle auch durch staatlichen Mord, ohne Festnahme und Gerichtsverhandlung zum Schweigen gebracht. Solche Fälle macht ai dann öffentlich und fordert eine unabhängige Untersuchung der Todesfälle. In den letzten Jahren verstärkte amnesty auch seine Arbeit für politische Flüchtlinge. Durch Auslieferungsverfahren haben Verfolgerstaaten schon oft versucht der politischen Flüchtlinge habhaft zu werden. Deshalb unterstützt die Organisation politische Flüchtlinge in ihrem Asylverfahren und arbeitet für eine Erhaltung des Grundrechts auf Asyl. In dieser Arbeit ist ai nach dem Auswärtigen Amt in Bonn der zweitgrößte Anlaufstelle für Richter und zuständige geworden, die sich von den ai-Expertengruppen über die Zustände in den betroffenen Ländern informieren lassen. Amnesty wird auch bei Kriegsdienstverweigerern aktiv, die inhaftiert wurden und keine Möglichkeit zu einem Ersatzdienst bekommen haben, wie es beispielsweise in Griechenland immer wieder vorkommt.
Die Amnesty-Gruppen in Bremen entscheiden selbst über die Inhalte ihrer Arbeit. Mahnwachen, Podiumsdiskussionen, Austellungen, Stände, Theateraufführungen und Demonstrationen gehören zu den Aktionsformen der Bremer. Immer wieder berichten ai-Mitglieder auch in Schulklassen über die Zustände in bestimmten Ländern. Da es zum Konzept von amnesty international gehört, kein Geld von der Regierung anzunehmen, sind auch immer wieder Sammlungen und Spendenaktionen nötig.
Eine weitere Aktionsform von ai, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die der „urgent aktions“. Droht einem Menschen Folter, Hinrichtung, Abschiebung oder braucht ein Gefangener dringend medizinische Hilfe intervenieren Einzelpersonen auf der ganzen Welt dagegen. Auch in Bremen gibt es einen Kreis von Absendern solcher Telegramme und Briefe, die von dem ai-Büro wöchentlich mit rund fünf Faxinformationen versorgt werden, auf die sie reagieren können. Das Ansehen und Renome von amnesty international hat in den letzten Jahrzehnten schon oft seine Wirkung gezeigt. Sieht man allein die Bilanz der letzten sechs Monate an, so sind von der Bonner ai- Zentrale 272 prompte Aktionen herausgegeben worden. Dem stehen im selben Zeitraum 97 bekannte Freilassungen entgegen. taz
Kontakt: amnesty international, Villa Ichon, Goetheplatz 4, Tel.327937 tägl.16-18 Uhr
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