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Anklage gegen Giftgaszulieferer

Hamburg (ap/dpa) — Nach jahrelangen Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft Darmstadt vermutlich noch im Januar Anklage gegen die Manager dreier bundesdeutscher Firmen erheben, die beim Aufbau von Giftgasanlagen im Irak geholfen haben sollen. Das berichtet das Hamburger Magazin 'stern‘ in einer vorab verbreiteten Meldung. Den Geschäftsleuten der Chemieanlagenfirma Karl Kolb GmbH in Dreieich und ihres Schwesterunternehmens Pilot Plant sowie der Hamburger Firma Water Engineering GmbH werde ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen.

Die Ermittlungsbehörde soll sich wesentlich auf ein Gutachten des Schweizer Wissenschaftlers Werner Richarz stützen. In dem vertraulichen Papier stehe, Pilot Plant habe seit Anfang der 80er Jahre Ausrüstungen für „drei größere und drei kleinere Anlagen im irakischen Giftgaszentrum Samarra“ geliefert.

Die Firmen hatten in der Vergangenheit stets behauptet, Anlagenteile zur Herstellung von Schädlingsbekämpfungsmitteln geliefert zu haben. Der Wissenschaftler komme hingegen zu dem Schluß, im Gesamtkomplex von Samarra seien „keine Anlagen zu erkennen, die für die Produktion moderner Pestizide konzipiert sind“. Stattdessen seien sie speziell zur Herstellung der Giftgase Lost und Tabun sowie von Blausäure „konstruiert“ worden. „Selbst nachdem 1989 die Ausfuhrbestimmungen verschärft und sogar der Export von Ausrüstungen für die Pestizidproduktion genehmigungspflichtig wurden, waren die Kolb-Manager notfalls über Drittländer“ für Irak aktiv, schrieb das Magazin.

Sechs der sieben im Sommer verhafteten Beschuldigten befinden sich gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Lediglich der Deutsch-Iraker Nasar el Chadi sitze wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Im Ermittlungsverfahren gegen die Hamburger Firma liegen laut 'stern‘ inzwischen Geständnisse vor. Unterlagen, die bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt worden seien, belegten, daß die Firma zwei Anlagen für die Gewinnung von Giftgasgrundstoffen nach Irak geliefert habe.

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