piwik no script img

Waigel schröpft die Bundesbürger

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung steigen um 2,5 Prozent/ Mietsteigerungen im Osten vorprogrammiert  ■ Aus Bonn Tina Stadelmayer

Die Koalition will Beitragszahlern und Mietern noch tiefer in die Tasche greifen als zunächst geplant. Finanzminister Waigel plant, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für dieses Jahr nicht nur um zwei, sondern um 2,5 Prozent anzuheben. Im nächsten Jahr sollen die Beiträge dann wieder um 0,5 Prozent zurückgehen. In den Versicherungstopf fließen so 18 Milliarden mehr ein, der Bundeshaushalt müßte entsprechend weniger zuschießen.

Gleichzeitig soll die Rentenversicherung nur um ein Prozent gesenkt werden. Ursprünglich hatte die Koalition versprochen, die höheren Beiträge zur Arbeitslosenversicherung würden den Arbeitnehmern in vollem Umfang durch niedrigere Rentenbeiträge zurückgegeben. Beim Thema Knappschaftsversicherung für Bergleute einigten sich die Koalitonäre gestern auf einen Kompromiß: Sie wird nicht in die Rentenversicherung einbezogen, der Bund kürzt jedoch seine Zuschüsse zu der Bergleute-Versicherung.

Die Rentenversicherung im Osten soll von 1992 an mit der im Westen verknüpft werden. Allerdings bekommen die Rentner in den neuen Bundesländern noch auf absehbare Zeit weniger Geld ausbezahlt.

Die Mieter, vor allem im Osten, will die Koalition zur Kasse bitten. Ab April, so schlägt die Expertengruppe der Koalition vor, dürfen die Eigentümer Betriebskosten von einer Mark pro Quadratmeter auf die Miete umlegen. Vom 1. Juli sollen die Mieter Heiz- und Wasserkosten von 2,50 DM pro Quadratmeter zahlen. Gleichzeitig wird voraussichtlich die Nettokaltmiete in den neuen Bundesländern um eine DM pro Quadratmeter erhöht. Sozialhilfeempfänger sollen ein Sonderwohngeld erhalten. In den kommenden vier Jahren will die Koalition 34,5 Millarden an Subventionen für Mieten und Energie im Osten abbauen. Das Wirtschaftsministerium plant eine Verordnung, nach der Kreditinstitute dort künftig von Wohnungskäufern denselben Zins wie im Westen verlangen dürfen. Die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen sollen für ihre auf 36 Milliarden aufgelaufenen Schulden einen Zahlungsaufschub erhalten. Kinderfreibeträge und Kindergeld will die Koalition erst im kommenden Jahr erhöhen: den Freibetrag von 3.024 auf 3.888 DM im Jahr und das Kindergeld für das erste Kind von 50 auf 70 DM im Monat.

Inzwischen wird in Bonn bereits darüber geredet, die Versuche des Finanzministers, 35 Milliarden einzusparen und damit die Neuverschuldung auf 140 Milliarden zu begrenzen, könnten schon bald Makulatur sein. Sollten die USA und der Irak im Golf Krieg führen, dann müsse die Bundesrepublik Amerikaner und Israelis mit einer zweistelligen Milliardensumme unterstützen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen