: Wasser, Brot, Design
■ Wieviel Design braucht Bremen? Podiumsdiskussion in der Hochschule für Künste
Design ist, wie etwas aussieht. Weil alles irgendwie aussieht, ist es auch designed. Weil dabei so viele Stümper und Dilettanten am Werk sind, sieht alles so schrecklich aus. Besonders in Bremen.
Aus Anlaß der Ausstellungseröffnung von 126 Titelblättern der Zeitschrift form, die die Geschichte des Designs seit 1957 dokumentiert, setzten sich in der Hochschule für Künste am vergangenen Freitag 10 Fachleute mit Eberhard Kulemkampff als Gesprächsleiter aufs Podium und erzählten rund 150 ZuhörerInnen, daß Design auf der Liste der menschlichen Grundbedürfnisse gaaanz oben steht. Erste zaghafte Schritte sind zwar getan: Es gibt inzwischen einen Designbeauftragten beim Senator für Wirtschaft und Außenhandel, ein Design-Zentrum Bremen, ein Design-Labor in Bremerhaven und eine Gesellschaft für Produktgestaltung e.V. Aber noch immer, klagt Hans Kehlbeck, Vertreter eines Bremer Design-Studios, habe man missionarische Arbeit vor sich, „die wissen hier gar nicht, was Design ist“. Volker Plagemann, Hamburg, hat festgestellt, daß Bremen und die Weihnachtskarten von Klaus Wedemeier immer häßlicher werden, das Outfit der Designer und sogar das Essen in Bremen zu wünschen übrig lassen. Besonders kreative Potenzen werden den BremerInnen schon gar nicht mehr zugetraut. Elisabeth Budde, Frankfurt, schlägt vor, besser gleich beim Ideen-Import zu bleiben.
Perlen vor die Säue? „Design“, so Philip Rosenthal (Porzellan) aus Selb, „ist Teil der Bildung.“ Solange eine Frau die Haare nach hinten kämmt, obwohl sie eine große Nase hat und weite Röcke trägt, stimme was mit der Bildung nicht. Ein Fach „Lebensgestaltung“ müßte in den Schulen eingeführt werden, so die schwärmerische Vision des Schweizers Karl Gerstner, Designer und Publizist, damit die Menschen zu unterscheiden lernen zwischen dekadentem Konsum und Design als Gestaltung der Alltagskultur: „Wenn man das Leben auf das reduziert, was man braucht, ist es nicht mehr lebenswert.“ Die Frage sei, so Prof. Herbert Kapitzki, Berlin, ob ein Fremder sich in einer Stadt zurechtfindet: „Oder stößt er sich überall? Der Bürger muß sehen, daß Gestaltung für sein Leben notwendig ist.“
In Wirklichkeit wissen die Bremer längst, daß sie ohne Design nicht mehr leben wollen. Plagemann: „Die Volksbewegung für Design ist da. Es gibt ein großes Bedürfnis, das kanalisiert werden muß.“ Aber das Geld? Rosenthal an die Senatoren: „Holt Euch das Geld! Nicht quatschen: handeln!“ Gerstner: „Wenn Sie überzeugt sind, Sie brauchen Design, Sie brauchen ein Museum, dann machen Sie es!“
Das Publikum, die meiste Zeit recht andächtig, hat dreierlei zwischenzurufen: Design kostet Geld und ist deshalb nicht Lebenqualität für alle. Das ästhetische Bewußtsein wird durch das Fernsehen geprägt und ist deshalb nicht gehobenes Design-Bewußtsein für alle. Und: Design-Förderung ist Wirtschaftsförderung, und deshalb nicht für alle. Aber so war das auch mit der Ökologie-Bewegung, finden die Ober-DesignerInnen: Davon wollte zuerst auch niemand etwas wissen. Beate Ramm
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