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"...zur Auslöschung dieser Wagenexistenz"

■ Der Künstler Ludwig Schumacher erklärt, im Falle einer deutschen Beteiligung am Golfkrieg werde er sich auf dem Domplatz verbrennen

Seit elf Jahren ist der Bildhauer Ludwig Schumacher mit Pferd und Planwagen und Hunden unterwegs. Vor zwei Tagen hat er sich auf dem Bremer Domplatz niedergelassen, um dort bis zur Beendigung des Krieges eine Mahnwache abzuhalten. Gestern gegen Mittag fuhren zwei Polizisten vor und sprachen, wegen „erheblicher Sondernutzung“ des Platzes, einen „Platzverweis“ aus, vollstreckbar binnen einer Stunde. Ludwig Schumacher begab sich daraufhin sozusagen in politisches Asyl und zog seinen Wagen ein paar Meter weiter zur Mahnwache am Roland. Dort blieb er seitdem unbehelligt. Wir dokumentieren die Erklärung seiner Absicht, sich im Falle einer deutschen Verwicklung in den Krieg selbst zu verbrennen.

Ich bin mit meinem Wagen und meinen Tieren hierher gekommen, meine tiefe Abneigung gegen diesen Krieg am Golf der Öffentlichkeit deutlich zu machen. Meine Absicht ist es, bis zu der Beilegung des Konfliktes hier in einer Mahnwache auszuharren.

Ferner richte ich mich mit er dringlichen Bitte an die deutsche Bevölkerung und ihre Regierung, einem jeglichen miltärischen Einsatz Deutschlands gegen

hier bitte

das foto

von mann und hund

und pferd

den Irak und andere arabische Länder unbedingt aus dem Wege zu gehen. Deutschland muß es wissen, was ein Krieg bedeutet. Und Deutschland hat immer noch eher vieles gutzumachen, anstatt zu neuem Unheil beizutragen.

„Nie wieder Krieg“, das ist für mich kein Lippenbekenntnis, welches schon nach wenigen Jahren gebrochen werden dürfte. Es ist noch nicht lange her, als man vernahm, von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen. So und niemals anders kann es sein.

Ich reiche mein Pfand für dieses Versprechen ein und kündige hiermit an, daß wenn öffentlich bestätigt wird, es seien deutsche Soldaten an Kampfhandlungen am Golf beteiligt, mein nun elf Jahre dauernder Weg zu einem Frieden und für einen Frieden auf Erden, hiermit beendet sein wird.

Ich schreite dann zu einer Auslöschung dieser Wagenexistenz, indem der Wagen und ich selbst hier in der Mitte des Platzes abbrennen werden!

Dieses ist mein Wort.

Geschrieben am 19. Januar 1991 in Rautendorf nahe Bremen.

Ludwig Schumacher.

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