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Möllemann will Industrie schützen

■ DIHT-Präsident will strengere Strafen für illegale Rüstungsexporte/ Murmann: Angst um Konjunktur

Bonn (ap/dpa) — In die Auseinandersetzungen um Rüstungslieferungen deutscher Firmen an den Irak schalten sich seit gestern verstärkt Vertreter der Industrie ein. Der Präsident des Industrie- und Handelstages forderte strengere Strafen für illegale Waffenexporte und die Gründung einer internationalen Agentur zur Überwachung militärisch nutzbarer Produkte. Besonders bedrückend sei es, daß deutsche Unternehmen dazu beigetragen hätten, daß Irak mit chemischen und bakteriologischen Waffen gerade in Israel Angst und Schrecken ausgelöst habe. Wer das Embargo gegen Irak gebrochen oder das deutsche Außenwirtschaftsgesetz verletzt habe, müsse als Krimineller hart bestraft werden. Aber pauschal verurteilt will Stihl die Rüstungsindustrie keineswegs sehen. Wer ja zur Nato und Bundeswehr sage, muüsse auch die Produktion von Waffen gutheißen.

Gleichzeitig macht sich der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, nicht etwa Sorgen um die möglichen Opfer deutscher Kriegsware: Klaus Murmann warnte lediglich vor den negativen Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur als Folge der Debatte um illegale Rüstungsausfuhren. Die Bundesregierung hat inzwischen eifrig recheriert und herausgefunden: In der Bundesrepublik sei seit 1982 keine einzige legale Waffenlieferung nach Irak genehmigt worden. Auch sei ihr kein Fall bekannt, in dem eine deutsche Firma das Irak-Embargo gebrochen habe, sagte gestern Regierungssprecher Vogel.

Die 110 Hinweise — vor allem amerikanischer Geheimdienste — die jetzt nachgeprüft würden, hätten bisher ergeben: In 25 Fälle seien die Vorwürfe eindeutig gegenstandslos, bei 20 weiteren sei dies zu erwarten. Die neun laufenden Ermittlungen richteten sich allenfalls auf Vorbereitungen für Exporte. Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Franzen, ergänzte, die bisherigen Ermittlungen ließen allenfalls den „Verdacht zu, daß etwas vorbereitet worden ist“.

Widerstand gibt es gegen den Vorschlag, künftig den Verfassungsschutz in die Kontrolle von Rüstungsexporten einzubeziehen. Wirtschaftminister Möllemann (FDP) behauptete gestern: Das sei „sachlich und politisch nicht zweckmäßig“. Auf ihren neuen Minister kann sich die Industrie eben verlassen.

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