: SAMSTAG: Orfeu Negro / Prince of the City / Schmidt / Fieber im Blut / Dei Nacht des Jägers
ORFEU NEGRO
Der Karneval in Rio lieferte den exotischen Hintergrund für Marcel Camus' filmische Umsetzung der Orpheus-Sage. Die mythologischen Aspekte des Stoffes verbannen Camus und sein Co-Autor Jacques Viot in den Subtext der Erzählung: Orfeu, der tragische Held des Films, ist ein sehr weltlicher Straßenbahnfahrer, der in den Slums leben muß und auf eine kleinbürgerliche Ehe zusteuert. Der Karneval bietet Gelegenheit zu einer zeitlich begrenzten, aber um so intensiver ausgekosteten Flucht aus dem Elend. Am Vortag der Straßenumzüge begegnet Orfeu seiner Eurydike, ein für beide Individuen fatales Zusammentreffen.(Hessen 3, 20.00 Uhr)
PRINCE OF THE CITY
Falsch verstandener Kameradschaftsgeist und weitreichende Freiheiten in der Wahl ermittlungstaktischer Mittel machte die gegen den Drogenhandel eingesetzte New Yorker Sondereinheit SIU zu einer zutiefst korrupten, weitab der Legalität agierenden, eingeschworenen Gruppe — bis die Staatsanwaltschaft begann, gegen die selbsternannten „Prinzen der Stadt“ vorzugehen. Zum Kronzeugen wurde ein Angehöriger der Truppe, Detective Danny Ciello (Treat Williams). Die Spitzeldienste gegen seine Partner, die ihm Freunde und Verwandte ersetzten, führten zu psychischen Belastungen, die Sidney Lumet in seinem Film auf verstörende Weise zum Thema macht. Die zwiespältige Figur des Danny Ciello entspricht einer realen Person der Zeitgeschichte, dem New Yorker Polizeibeamten Robert Leuci, der auch als Berater des Teams fungierte. Prince of the City ist ein Cop-Film, einmal nicht als aktionsreiches, schwarzweiß gezeichnete Chronik eines Kampfes zwischen Gut und Böse, sondern ein vielschichtiges, über den authentischen Fall hinausweisendes Problemstück in kinogerechter Aufbereitung.(SAT.1, 20.00 Uhr)
SCHMIDT
Das jammervolle Selbstverwirklichungstheater der siebziger Jahre, dilettantische Fußgängerzonenclownerien und schenkelklopfender Alternativfrohsinn summieren sich unter der Leitung von Corny Littmann und Sigmar Börner zu einem Varietéprogramm, das mit dem selbstgewählten Adjektiv „gnadenlos“ noch euphemistisch beschrieben ist. Einzig Jutta Wübbe als Marlene Jaschke wirft ein wenig Licht in dieses finstere Schattenspiel, doch sie wollte sich im eigenen Interesse ein wenig rarer machen, denn die inflationär häufigen Auftritte der Frau Jaschke gehen allmählich auf Kosten der Wirkung und berauben sie ihrer Originalität.(Nord 3, 22.00 Uhr)
FIEBER IM BLUT
Nach mehrjähriger Präsenz in der Fernsehserie The Many Loves of Dobie Gillis (1955-1959) trat Warren Beatty 1961 für Elia Kazan vor die Filmkamera und damit in die Fußstapfen seiner drei Jahre älteren Schwester, die unter dem Namen Shirley MacLaine bereits zum gefeierten Kino- und Bühnenstar geworden war. Während MacLaine sich als vielseitige Schauspielerin etablierte und auch als Buchautorin Erfolge verbuchen konnte, stand Beatty der Sinn nach Höherem: Mit dem Gangsterfilmklassiker Bonnie und Clyde reüssierte er als Produzent, beteiligte sich bei späteren Filmen am Drehbuch und erklomm schließlich auch den Regiestuhl. Der Hauptdarsteller all seiner Filme hieß — natürlich — Warren Beatty. Sein größter Erfolg war die mäßige Reinkarnationskomödie Heaven Can Wait, ein Remake von Here Comes Mr. Jordan, sein größter Flop das ambitionierte Projekt Reds. Zuletzt lief seine spektakuläre, übermäßig stilisierte Comic-Strip-Adaption Dick Tracy in unseren Kinos.(ZDF, 23.25 Uhr)
DIE NACHT DES JÄGERS
Als schrullige Filmfigur mag der 1962 verstorbene Schauspieler Charles Laughton vielen bekannt sein, weniger dagegen als Regisseur. Dabei ist der einzige Film, den er inszieren konnte, ein Meisterwerk seines Genres, ein doppelbödiger, unter die Haut gehender Thriller mit einem überzeugend bösartigen Robert Mitchum in der Hauptrolle. Mitchum spielt den Psychopathen Harry Powell, der als Prediger verkleidet übers Land zieht, sich Ehefrauen sucht und diese nach kurzer Zeit ermordet. Auf jeweils eine Hand sind die Worte „Love“ und „Hate“ tätowiert, Sinnbild der scheinbaren und der wahren Persönlichkeit des Verbrechers.
Im Gefängnis erfährt Powell von der Beute aus einem Raub. Nach seiner Entlassung sucht er die Familie des hingerichteten Mithäftlings, um das Geld zu finden. Er erschleicht sich das Vertrauen der Mutter, die ihm prompt zum Opfer fällt. Einzig die Kinder wissen jetzt noch, wo sich das Geld befindet. Die beiden, ein Junge und ein Mädchen, aber sind rechtzeitig geflüchtet. Der finstere Prediger begibt sich auf die Jagd...
(SAT.1, 23.55 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen