»Eine Chance für zwölf Monate«

■ Wie Radio 100 sich die gemeinsame Zukunft mit der Mediengruppe Schmidt & Partner vorstellt

Schöneberg. Erik Weihönig zeigte sich großzügig. Auch ohne klare Verhältnisse in Betrieb und Redaktion von Radio 100 ließ der Manager der Mediengruppe Schmidt & Partner (»ElefantenPress«, »Titanic«, »Freitag«) gestern schon 100.000 Mark an das Radio überweisen — um den Sendebetrieb der nächsten Tage und Wochen zu gewährleisten. Wie berichtet, will Weihönigs Firma die 34 Prozent der von der Radio-100- Gesellschaft »MitarbeiterInnenverein« (MV) gehaltenen und ursprünglich der französischen Radiokette NRJ angebotenen Anteile erwerben. Noch fehlt die Erklärung der weiteren Gesellschafter »Anderes« und »Neues Radio Berlin«, ARB und NRB, es dem MV und Gesellschafter »Tolleranz e.V.« gleichzutun.

Gemeinsam mit den Gesellschaftervorsitzenden Werner Voigt (MV) und Joachim Schulte (»Tolleranz«) versuchte Weihönig gestern vor der Presse, Ängste bei der Belegschaft abzubauen. Zum einen garantierte er die Auszahlung der noch ausstehenden Gehälter und Honorare in Höhe von 590.000 Mark. Zum anderen unterstrich er, für die Kontinuität eines sich linksalternativ begreifenden Radios einzutreten und der Redaktion weder in Programm noch Personalpolitik hineinfunken zu wollen.

Weihönig setzt darauf, lokale Werbekunden als Standbein der Finanzierung zu gewinnen — den gescheiterten Versuchen vergleichbarer Sender in Westdeutschland zum Trotz. Die von Weihönig angegebenen 800.000 Mark, die 1989 eingespielt worden seien, werden von Radio-100-Geschäftsführer Thomas Thimme jedoch dementiert: Netto seien nur 377.000 Mark aus Werbespots eingenommen worden. Das nötige Geld muß, sollten alle Hürden für den Einstieg seiner Firma — Zustimmung aller vier Gesellschafter sowie des Kabelrates — überwunden sein, schnell fließen. Mehr als eine Million Mark sollen jährlich eingespielt werden. Sollte die Übernahme noch in diesem Monat gelingen, will Weihönig zu Beginn des nächsten Jahres Bilanz ziehen — und entscheiden, ob sich ein weiteres Engagement lohnt. »Wir haben eine Chance von zwölf Monaten«, sagte er. Denn: Selbst der vergleichsweise gering angesetzte Jahresetat von 1,6 Millionen Mark will erst einmal gesichert, die wie geplant rund 15 fest angestellten Wort- und Musikredakteure bezahlt sein. Nicht einmal die nahe Zukunft ist gesichert: Auch die in Form einer stillen Einlage transferierten 100.000 Mark reichen nicht. Der derzeitige Schuldenstand beläuft sich nämlich auf rund 400.000 Mark.

Voigt und Schulte kündigten dennoch optimistisch an, künftig eine nachrichtliche Grundversorgung, an der es bisher mangele, zu bieten. Das Musikprogramm werde per Computer »durchorganisiert«, eine mit Hilfe von Mikroprozessoren gestellte Musikuhr soll zu besserer Wiedererkennung verhelfen. ak