Ein Hauch von Panik

Ob die versuchte Entführung einer indischen Verkehrsmaschine von Kalkutta nach Agartala etwas mit dem Golfkrieg zu tun hat, ist noch nicht ganz klar. Originell war sie auf jeden Fall: Ein Student, bewaffnet mit einem Granatapfel und einer Orange, die er als Bomben ausgab, versuchte die Maschine zu kapern, konnte aber schließlich von Passagieren und Personal überwältigt werden. Daß die Flugzeugbesatzung überhaupt auf die Fruchtmasche hereinfiel, zeigt sehr anschaulich, wie nervös zur Zeit alle Arten von Uniformträgern sind. Die Angst vor Terroranschlägen breitet sich aus wie eine Seuche.

Die weltweite Furcht hält auch die sonst eher behäbige österreichische Polizei auf Trab. Ein türkischer Diplomat löste letzte Woche im niederösterreichischen Hagenbrunn Bombenalarm aus. Nachdem er sein Auto von der Inspektion abgeholt hatte, entdeckte er auf dem Rücksitz ein ihm unbekanntes Paket und geriet in Panik. Die Polizei rückte auch sogleich mit ihrem Bombenkommando an. Ein Sprengstoffexperte schnitt dann das Paket mit einem sogenannten Wassergewehr auf und heraus purzelte ein Pfund Datteln.

Die Franzosen sind auch nicht schlecht. Am Wochenende nahm einer von ihnen in Conques (Departement Aveyron) ein ganzes Hotel auseinander, weil er glaubte, die Iraker würden das Nest angreifen. Mitten in der Nacht rannte der 20jährige schreiend durch die Herberge und behauptete, eine irakische Scud-Rakete mit chemischem Sprengkopf sei über der Stadt abgeschossen worden. Dann fing er an, seine Zimmereinrichtung zu zerkleinern und nahm sich danach sämtliche Türen und Fenster des Eingangsfoyers vor. Weder das Personal noch der mit einem Jagdgewehr bewaffnete Hotelbesitzer konnten den Rasenden stoppen. Erst einem Dutzend Uniformierten gelang es, den Mann niederzuringen. Nicht nur der gemeine französische Bürger spürt die Panik in sich aufsteigen, selbst die Behörden werden allmählich hysterisch. In Paris sind zum Beispiel in den noblen westlichen Vororten alle Glascontainer abgeschafft worden. Jetzt haben sie auch noch Papierkörbe verboten. In der Untergrundbahn wurden alle Papierkörbe abgebaut, weil die Metro-Gesellschaft fürchtet, Terroristen könnten darin Bomben deponieren. Na das wird eine schöne Sauerei werden. Da braucht sich der Herr Terrorist gar nicht mehr zu bemühen. Innerhalb weniger Tage werden die Metro-Stationen aussehen, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Karl Wegmann