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Wer schützt uns vorm Katastrophenschutz?

■ Innensenator Heckelmann empfiehlt Katastrophenschutz als »sinnvolle« Alternative zum Militärdienst/ Zehn Jahre Training für die Heimatfront

Berlin. Der Innensenat hat Berlins wehrfähige Jugend dazu aufgefordert, den achtjährigen Katastrophenschutz-Dienst als »Alternative« zum Wehrdienst (12 Monate) und Zivildienst (15 Monate) zu nutzen. Damit leisteten die jungen Männer nicht nur bei »Unglücksfällen« einen Beitrag zum »Schutz und zur Sicherheit der Bevölkerung« — nein, sie bekämen auch eine »sinnvolle und vielseitige Freizeitgestaltung« geboten. Von den Nachteilen des Katastrophenschutz-Dienstes, der in der Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk oder dem Roten Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser Hilfsdienst oder DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) jahrelang an einem Ort abgeleistet werden muß, ist nicht die Rede. In der Mitteilung des Innensenats wird lediglich herausgestellt, daß für diesen Dienst (rund 200 Stunden im Jahr) keine »Verweigerung« notwendig ist.

Der Katastrophenschutz-Dienst dauert acht Jahre, in der Regel bleibt der Katastrophenschützer dabei an einen Ort gebunden. Wer aus beruflichen oder privaten Gründen umziehen will, hat Pech gehabt: Der Wechsel des Dienstortes wird nur sehr selten gestattet. Bei einem Umzug muß an den ursprünglichen Dienstort zurückgependelt werden, die Dienststunden sind meist aufs Wochenende gelegt. Schon gar nicht ist im gut gemeinten Vorschlag von Innensenator Dieter Heckelmann die Rede davon, daß der Dienst im Katastrophenschutz ein quasi militärischer Dienst ist — und die Anerkennung der allgemeinen Wehrpflicht bedeutet. Im Kriegsfall müssen die angeblichen Menschen-, Natur- und Umweltschützer nämlich für Ruhe und Ordnung im Hinterland und an der Heimatfront sorgen.

Die »Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär« bezeichnete das Angebot des Innensenats als »bewußten Betrug«. Wie die Sprecherin der Kampagne, Christian Herz, der taz sagte, würden die Dienstleistenden »mit dem Schlagwort Naturkatastrophe geködert«, müßten aber auch bei »Industrie- und Kriegskatastrophen« ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen — für alle Dienstleistungen an der Heimatfront, die die »zivile und militärische Ordnung aufrechterhalten«. Im Rahmen des Katastrophenschutzgesetzes und des entsprechenden Ergänzungsgesetzes seien dazu allerdings auch Ex-Zivildienstleistende und Frauen heranzuziehen.

Der Katastrophenschutz-Dienst, so Christian Herz, könne »alle Dienste umfassen, die der Staat sinnvoll findet«. Dazu gehörten »Schutz«maßnahmen beim Einsatz atomarer, biologischer und chemischer Waffen, Bergung und Instandsetzung, Sanitätsdienst, medizinische Betreuung in zivilen Krankenhäusern, Veterinär- und Fernmeldedienst, ebenso die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten.

Wie die »Kampagne gegen Wehrpflicht« weiter mitteilte, haben die rund 7.750 ersten erfaßten Westberliner des Jahrgangs 1972 inzwischen ihre Erfassungsfragebögen erhalten. Die jungen Männer wurden dazu aufgefordert, die Erfassung zu verweigern oder aber nicht korrekte Daten anzugeben. kotte

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