: Schröder „stolz“ auf Ministerinnen
■ Nach anderthalb Stunden Debatte keine Distanzierung von Anti-Kriegs-Aufruf
Mit den Stimmen von SPD und Grünen hat der Landtag in Hannover gestern den Antrag der FDP abgelehnt, sich von dem Aufruf der vier Ministerinnen gegen den Golfkrieg zu distanzieren. Die CDU stimmte nach eineinhalbstündiger Debatte mit der FDP. Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) sagte: „Ich habe großen Respekt vor den Äußerungen der Ministerinnen und bin stolz darauf, solche Persönlichkeiten in meinem Kabinett zu haben.“
Gemeinsam mit der Ehefrau des Regierungschefs, Hiltrud Schröder, hatten die Ministerinnen Heidi Alm-Merk (SPD), Waltraud Schoppe (Grüne), Helga Schuchardt und Monika Griefahn (beide parteilos) zu einem sofortigen Waffenstillstand am Golf aufgerufen. CDU und FDP kritisierten vor allem den Satz: „Auch der grausamste Diktator kann keine Rechtfertigung für einen Krieg sein“.
FDP-Fraktionschef Martin Hildebrandt sagte, der Satz sei Unsinn. Sein CDU-Kollege Jürgen Gansäuer nannte ihn „für Frieden und Freiheit gefährlich“. Nach Ansicht von CDU und FDP haben sich die Politikerinnen nicht privat, sondern als Ministerinnen geäußert. Der Aufruf sei mit Amtsbezeichnung unterschrieben und über die Ministerien verteilt worden.
Für die SPD distanzierte sich Fraktionvorsitzender Johann Bruns „von allen Versuchen, Meinungsäußerungen vom Parlament zensieren zu lassen“. Der Pazifismus sei als persönliche Lebenshaltung durch die Verfassung geschützt. Wie im Inneren eines Staates könne es ein Widerstandsrecht aber auch für Völker und Staaten geben. Im Golfkrieg gehe es jedoch nicht nur darum, „ob ich bereit bin, mein Leben zu opfern, sondern das Leben anderer“, sagte Bruns.
Für die CDU zitierte Werner Remmers den Überlebenden von Auschwitz und späteren polnischen Widerstandskämpfer Wladyslaw Bartoszewski: „Ein reiner Pazifismus ermutigt die Diktatoren in aller Welt, andere Länder zu überfallen und zu versklaven“. Der Aufruf habe ihn, Remmers, tief bestürzt. Er entziehe allen, die gegen Unrechtsregime gekämpft haben, die Rechtfertigung.
Kulturministerin Schuchardt wehrte sich dagegen, von der FDP auf die Anklagebank gesetzt zu werden, „die erst die Voraussetzungen für den Krieg geschaffen habe“. Auch als Ministerin lasse sie es sich nicht nehmen, ihre Meinung zu äußern. dpa
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