: Walter Jens bekennt sich zu einer Akademie der Künste — seiner
■ Aus für die Ostakademie: Entsprechend den Koalitionsvereinbarungen sollen die Ost- und Westarchive nun zusammengelegt werden
Nun hat es auch Walter Jens ausgesprochen: In Berlin wird es künftig nur noch eine Akademie der Künste geben — und zwar die im Westteil der Stadt. Der Präsident der Westakademie bekräftigt damit, was ohnehin schon in den Koalitionsvereinbarungen des schwarz-roten Senats festgelegt ist. Jens hatte sich im Vorjahr gegen eine Vereinigung der beiden Akademien am Hanseatenweg und am Robert-Koch-Platz ausgesprochen, bei der alle Mitglieder pauschal übernommen würden. »Wir bilden keine Spruchkammer«, betonte er auch jetzt wieder. Die Ostakademie erhalte nur noch in diesem Jahr Geld. In den Koalitionsvereinbarungen wurde auch festgestellt, daß nur eine der beiden Institutionen finanzierbar sei. Für die Ostakademie sehe er, wie deren Präsident Heiner Müller, eine Perspektive als »Europäische Künstlersozietät«, doch müsse die — dann praktisch mittellose — Einrichtung ihren Status selbst finden. Heiner Müllers Plan sieht einen Austausch sowohl zwischen Generationen als auch zwischen den europäischen Ländern. Dafür stelle sich Müller eine Künstlerwerkstatt vor, die »in zu renovierenden Schlössern in Brandenburg« beheimatet sein könnte, so Jens. Er nannte die Pläne »ungewiß«. Es komme darauf an, ob und wann die neuen Länder in der Lage seien, eine solche Einrichtung zu finanzieren und ob die EG mitmache. Beides bezweifelte Jens. Dennoch fände er diese Konkurrenz prinzipiell »sehr angenehm«.
Entsprechend den Koalitionsvereinbarungen sollen die Archive, Sammlungen und Bibliotheken beider Akademien zusammengeführt werden und auf diese Weise vor allem in Berlin verbleiben. Dies entspreche auch den Vorstellungen der Westakademie. Es gäbe keine vernünftigen Gründe, die gegen die Zusammenführungen sprächen. Die Begriffe »Abwicklung« und »Übernahme« lehne er in diesem Zusammenhang ausdrücklich ab. Derzeit würden die Gespräche verzögert. Jens warnte vor der Gefahr, daß »alles in alle Winde verstreut wird«. Er verwies auf das im Osten bewahrte Material zu Brecht, Zweig, Seghers und Heinrich Mann, auf die Akten der Ostakademie und auf die Bestände der Preußischen Akademie der Künste. Berlins neuer Kultursenator Ulrich Roloff-Momin stimme in diesem Punkt mit der Akademie überein. Ein Vertragsangebot der Ostakademie, nach dem diese alle Rechte, die Westakademie aber alle Pflichten hätte, lehnte Jens als »beleidigend« und »unakzeptabel« ab. Die definitive Vereinigung ist am 1. Januar 1992 vorgesehen. Bis dahin soll es eine »kooperative Phase« geben.
Wie andere Kultureinrichtungen könne auch die Akademie der Künste nicht mit der generellen Sperrung von 11,5 Prozent der Haushaltsmittel leben. Jens vertrat die Ansicht, daß seine Institution nicht mit weniger Geld ein Kulturprogramm für 40 Prozent mehr Bevölkerung machen könne. Die Sperre gefährde auch die Pläne der Akademie.
Am Sonntag wird als nächstes eine Peter-Weiss-Ausstellung eröffnet. Im Sommer ist wieder eine Europäische Sommerakademie der Abteilung Film und Medien geplant, diesmal unter dem Titel Gebaute Illusionen — Filmphantasien zwischen Mythos und Mathematik. Die Abteilung Musik veranstaltet Inventionen 91 — Festival Neuer Musik Berlin. Für 1992 ist eine Hommage an den Künstler Mathias Goeritz vorgesehen, der im vorigen Jahr in Mexiko starb. dpa/adn/taz
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