Brief von Andreas Rüttenauer: Liebe in den Zeiten der Desinformation
Unabhängiger Journalismus ist in unruhigen Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Ist heute der Tag an dem auch Sie Mitglied der taz Genossenschaft werden?
Lieber Leser:innen,
wie geht es Ihnen in diesen aufwühlenden Zeiten? Vielleicht wollen Sie auch einfach mal raus. Am besten dahin, wo es kein Internet gibt. Am liebsten auch noch das Smartphone zu Hause lassen. Irgendwohin auf’s flache Land, allein auf eine Berghütte, eine einsame Insel. Manchmal ist es schier nicht mehr auszuhalten.
Es gibt diese Tage, an denen der Nachrichtenstrom zur Flut wird. Irgendwas mit Herzogin Meghan, ein Fußballer, der irgendeinen Unsinn verzapft und ernst genommen wird, NSU-Akten, die weggesperrt werden, weil sie beweisen, dass der Staat nicht gewillt ist, wirklich alle seine Bürger zu beschützen. Einer, der etwas von europäischen Werten verzapft, und den Polen dabei helfen will, Menschen erfrieren zu lassen. Manchmal ist es einfach zu viel. Weg! Nichts wie weg hier!
Eine einsame Insel ist dann doch nicht zu finden. Auf den Berghütten gibt es nur noch einzelne Plätze in Gemeinschaftsschlafsälen. Und auf dem flachen Land gibt es ja sowieso nichts. Am Ende bleibt eine Ferienwohnung an diesem See, von dem immer alle schwärmen. Das W-Lan muss man ja nicht nutzen. Auch den Fernseher nicht. Und auf den Abendspaziergang auf der überfüllten Uferpromenade kann man getrost verzichten. Ankommen. Durchatmen. Runterkommen.
Am nächsten Tag passiert es dann. Beim Brötchenholen. Einer in der Schlange sagt, dass man nichts mehr glauben, kann, was in der Zeitung steht. Ein anderer kauft trotzdem eine. Es geht um die da oben und darum, dass keiner von denen da oben die da unten fragt. Afghanistan, Corona und irgendwas mit Migration. Die Welt ist wieder da. Aber wie ist die Welt? Einer weiß, dass niemand weiß, wie die Welt ist, weil die da oben dafür sorgen, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt. Woher er das weiß? Aus dem Internet. Nur da sei noch die Wahrheit zu finden. Oh je.
Eine andere berichtet von ganz neuen Portalen. So einen wie den Trump bräuchte es bei uns, sagt einer. Und eine andere meint, dass es noch einen ganz anderen brauche, einen, der… Wie früher eben, aber das dürfe man ja heute nicht mehr sagen.
Aufregen? Runterschlucken? Sich erst mal einen Baldriantee machen? Die Flucht jedenfalls ist gescheitert. Das Herz meldet sich. Es hat Sehnsucht. Vielleicht ist es soweit. Eine Frage drängt sich auf: Ist heute der Tag, an dem Sie sich in unabhängigen Journalismus verlieben?
Unabhängiger Journalismus ist in diesen unruhigen Zeiten wichtiger denn je. Die Genossenschaft garantiert uns die Freiheit und Unabhängigkeit, die wir brauchen, um alles zu geben, wenn es drauf ankommt. Knapp 21.700 Menschen sind schon dabei und tragen die taz in die Zukunft.
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