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Uzi statt Schwert

■ „Der Mann aus dem Eis“ im Forum

Mit Der Mann aus dem Eis hatte das Forum einen weiteren Film des Martial Arts-Genres im Programm, der das zuvor gezeigte historische Epos „Schwertkämpfer“ trefflich ergänzte.

Während King Hu und seine Co- Regisseure das Tempo vornehmlich durch virtuose stakkatoartige Schnitte forcieren, setzt der junge Regisseur Clarence Y.L. Fok (Jahrgang 1959) auf atemberaubende Stunts und verlangt auch von seinen Schauspielern wahrhaft akrobatische Fähigkeiten. Jean-Claude Van Damme oder Chuck Norris, Hollywoods Vorzeige-Karatekas, sind schwerfällige Trampel, Batman eine flügellahme Ente verglichen mit den gelenkigen Artisten der Hongkonger Filmstudios.

Fok verlegt das Geschehen der Legende aus der Ming-Ära ins moderne Hongkong. Die Peking Oper, auf deren Ästhetik King Hu und Tsui Hark sich noch beziehen, wird von Fok ins Fernsehen verbannt: sie ist eine Anachronismus in der Millionenstadt Hongkong. Bei Fok stülpt der Schwertkämpfer nach getaner Arbeit den Walkman über die Ohren und greift sowieso lieber zur Uzi als zum Schwert: Hollywoods Actionspektakel sind auch an Hongkongs Regisseuren nicht spurlos vorübergegangen. Die beiden Protagonisten — ein sadistischer Frauenschänder und der auf ihn angesetzte kaiserliche Gardist — werden per Zeitmaschine in eine eisgraue Vorzeit expediert, wo ihr verbissener Zweikampf in einer Schneelawine endet. Jahrhunderte später findet eine Expedition die beiden menschlichen Eisblöcke. Aufgetaut, erwachen die beiden zu neuem Leben und richten sich gemäß ihren früheren Karrieren in der Gegenwart ein: der Böse wird Gangster, der Gute Leibwächter einer schönen Prostituierten. Die Konfrontation der beiden 300jährigen mit den Errungenschaften der Zivilisation bietet Anlaß genug für urkomische Szenen zwischen Slapstick und politischer Satire. Selbst der Terror des rotchinesischen Regimes wird frech aufs Korn genommen. Bei all dem bleibt Der Mann aus dem Eis natürlich immer Actionkomödie, die vorwitzig und mit sichtlichem Vergnügen den „Highlander“ und diverse Zeitreisevarianten zitiert und mit furiosen Kabinettstückchen der Special Effects-Experten glänzend unterhält.

„Schwertkämpfer“ konnte bereits nach Deutschland verkauft werden, und es ist nur zu hoffen, daß auch Der Mann aus dem Eis in die hiesigen Kinos gelangt — hebt sich der Film doch wohltuend ab von jener Kung Fu-Dutzendware, die unser Bild vom Hongkong-Film vornehmlich geprägt hat. Harald Keller

Der Mann aus dem Eis ("The Iceman Cometh“), Hongkong 1989; Regie: Clarence Y.L. Fok (Fok Yiuleung); mit Yuan Biao, Zhang Manyu u.a.

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