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Dauerarbeitsplätze stagnieren

■ Arbeiterkammer Bremen: mehr Langzeitarbeitslosigkeit und Leiharbeit

“Die Situation der Bremer ArbeitnehmerInnen entwickelt sich fatal“, resümierte Heinz Möller, der Geschäftsführer der Bremer Arbeiterkammer, gestern anläßlich der Vorstellung des „Berichts zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lage der ArbeitnehmerInnen im Lande Bremen“. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Arbeitenden steige nicht, sondern stagniere. Dagegen sei bei Langzeitsarbeitslosigkeit und Leiharbeit eine Steigerung zu verzeichnen.

Heinz Möller war sichtlich stolz auf das über 400 Seiten starke „Erstlingswerk“, das sich von jetzt an zu einer jährlichen Berichterstattung über die soziale Lage der Bremer ArbeitnehmerInnen auswachsen soll. Der erste Bericht basiert auf den statistischen Zahlen des Jahres 1989. Sein Inhalt gab Möller Anlaß zu Sorgen: die Armut nehme zu und die Zwei-Drittel-Gesellschaft habe sich verfestigt. Zwar steige die Zahl der Arbeitsplätze und die Arbeitslosigkeit gehe zurück, doch nehme deshalb nicht automatisch auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu. Die Arbeiterkammer analysiert, daß die Zahl der versicherungspflichtigen Dauerarbeitsplätze allenfalls stagniert, wenn zum Beispiel die 4.500 befristeten ABM-Stellen aus ndem Jahr 1988 nicht eingerechnet werden.

Den Beschäftigungsstand vom Beginn der 80er Jahre hat die Wirtschaft trotz des Wachstums noch immer nicht erreicht. „Im vergangenen Jahr lag die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Lande Bremen um 13.265 oder 4,4 Prozent unter dem Stand am Beginn der Dekade“, heißt es im Bericht der Kammer.

„Bei der Langzeitsarbeitslosigkeit hat sich die Situation total verschlechert“, sagte Möller. In den 80er Jahren habe sich der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter dem Strich rund verdreifacht. Das wiederum hänge mit einem weiteren Problem zusammen: dem drastischen Anstieg der Leiharbeit, die häufig ohne jede soziale Absicherung geleistet wird. „Die Arbeitslosen sind auf die Leiharbeitsfirmen angewiesen“, so Möller. In Bremen stieg die Zahl der Verleihbetriebe von 33 im Jahre 1985 auf 96 im Juni 1990. In Bremerhaven gab es 1990 fast viermal soviele Verleiher wie noch vor fünf Jahren.

Vor dem Hintergrund dieser Beschreibung kommt der Bremer Senat ziemlich gut weg. Zumeist ist die Bundesregierung der Sündenbock. Zum Beispiel bei der Finanzpolitik: Die Verschuldung Bremens sei nicht hausgemacht, erklärte Geschäftsführer Möller. Das Problem liegt nach seiner Ansicht im Länderfinanzausgleich des Bundes, durch den nicht genug Geld nach Bremen fließt. Der Senat bekommt nur an wenigen Stellen die Kritik der Kammer ab. Einer davon ist das „Wirtschaftspolitische Aktionsprogramm“ (WAP): „das WAP hat keien deutlich spürbare Entlastung“ des Arbeitsmarktes gebracht, heißt es im Kammerbericht. och

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