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Kohl bedenklich bei Polens Schulden

■ Kanzler zwar für Schuldenreduzierung, aber gegen Präzedenzfall/ Bielecki sagt Flexibilität bei Transit- Verhandlungen über Abzug der Sowjetsoldaten zu/ Kein Wort über Entschädigung für Zwangsarbeiter

Bonn (ap/taz) — Der deutsch-polnische Grenz- und der umfassende Nachbarschaftsvertrag sollen nach den Worten von Kanzler Kohl noch vor der parlamentarischen Sommerpause in den Parlamenten beider Staaten eingebracht werden. Er sagte dem polnischen Ministerpräsidenten Jan Krzysztof Bielecki gestern Unterstützung in den internationalen Gesprächen über eine Schuldenreduzierung zu, wies jedoch zugleich auf die Gefahr eines Präzedenzfalles hin.

Die Auslandsschulden Polens belaufen sich auf insgesamt 40 Milliarden Dollar (rund 60 Milliarden Mark). Am Wochenende konnten sich die Verhandlungspartner im sogenannten Pariser Club nicht auf die Höhe eines generellen Schuldenerlasses einigen, von dem auch Polen profitieren würde, das sich eine Streichung von 80 Prozent seiner Schulden erhofft. Das Thema soll am 18. und 19. März in der Gruppe der sieben wichtigsten westlichen Industrienationen (G7) weiter behandelt werden.

Zu Abschluß seiner Gespräche mit dem Kanzler erklärte Bielecki vor Journalisten in Bonn, Kohl habe „Interesse“ am polnischen Vorschlag einer Schuldenregelung gezeigt. Entscheidend seien jetzt die Höhe der Reduzierungen und die Geschwindigkeit, mit der entsprechende Entscheidungen fielen.

Der Ministerpräsident zeigte Verständnis für die Erwartung, daß die in den neuen Ländern stationierten sowjetischen Soldaten so rasch wie möglich abziehen. Warschau sei bei den Transit-Verhandlungen flexibel, erwarte allerdings auch von den Sowjets Flexibilität beim Abzug ihrer Soldaten aus Polen.

Zu den noch auszuräumenden Problemen zwischen beiden Ländern zählte Kohl die Frage der Behandlung deutscher Minderheiten in Polen, die auf den Grundlagen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und des Europarates gelöst werden könnten. Mit den Fortschritten bei den Verhandlungen zwischen Polen und den Partnern des Schengener Abkommens, in deren Ländern bereits für alle Bürger Freizügigkeit herrscht, sei er zufrieden. Er hoffe, daß es bis April ein Abkommen gebe, sagte Kohl vor der Presse.

Die Schengener Partner Deutschland, Frankreich und die Beneluxstaaten dringen auf einen Rücknahmevertrag, der Polen verpflichtet, Landsleute, die sich länger als die im Visum zugestandene Zeit von drei Monaten im westlichen Ausland aufhalten, wieder aufzunehmen. Nach Angaben aus Kreisen der Warschauer Delegation halten sich derzeit rund 200.000 Polen in Westeuropa auf.

Darüber, ob ehemalige polnische Zwangsarbeiter von Bonn entschädigt werden, sagten Kohl und Bielecki nichts. Schon vor seiner Reise hatte der polnische Ministerpräsident in Interviews deutlich gemacht, daß dies kein wichtiges Anliegen für ihn sein werde. Der Besuch Bieleckis geht heute zu Ende.

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