Eine europäische Hochzeit oder ein japanischer Flirt?

Warum sich Daimler-Benz und Mitsubishi nur langsam näherkommen  ■ Aus Tokio Georg Blume

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hatte die Nachrichtenagentur 'dpa‘ aufgrund einer falschen Übersetzung die frohe Meldung von der „Verlobung“ zwischen Daimler- Benz und Mitsubishi verbreitet. Dabei hatte am 6. März 1990 gerade ein allererstes Kennenlern-Treffen zwischen den Spitzen des größten japanischen und des größten deutschen Konzerns stattgefunden. Gestern nun streute die 'International Herald Tribune‘ ein neues Gerücht: „Scheidung zwischen Daimler-Benz und Mitsubishi?“ fragte das angesehene US-Blatt, weil das Spitzentreffen zwischen Daimler-Chef Edzard Reuter und dem Chefmanager der Mitsubishi Corporation, Shinroku Morohashi, vom April in den Herbst verschoben wurde. Man habe dem deutsch-japanischen Kooperationsversuchen wohl „voreilig Prominenz eingeräumt“, ließ das Blatt einen Londoner Börsianer spotten.

Das sehen die Betroffenen gänzlich anders. Mitsubishi- und Daimler-Manager werden seit Wochen nicht müde, von den regelmäßigen Arbeitstreffen zu schwärmen. „Wir kommen alle sechs Wochen zusammen. Das Engagement unserer jeweiligen Firmenspitzen hat uns zusätzlich motiviert“, berichtete Rainer Kurz, Abteilungsleiter für Fahrzeugtechnik bei der Deutschen Aerospace, vor kurzem auf der Industriemesse 'Technogerma‘ in Seoul. Ähnlich der Tenor in Tokio: Takeo Shibata, Abteilungsleiter für das „Daimler-Benz-Projekt“ bei der Mitsubishi Corporation, versicherte noch am Donnerstag, daß die „einzelnen Verhandlungen auf der praktischen Ebene ohne Verzögerung weiterliefen“. Nur der Golfkrieg und sein bis vor wenigen Tagen unkalkulierbares Ende habe den Reuter-Morohashi-Gipfel verhindert.

Erst am späten Abend, lange nach Dienstschluß, wagt ein Mitsubishi- Sprecher gestern weiterführende Erklärungen: „Zwischen Mitsubishi und Daimler sind sehr viele Projekte im Gespräch. Die meisten von ihnen werden erst nach drei oder vier Jahren in die Realisierungsphase eintreten. Das ist völlig normal, das dauert immer so lange. Leider gibt es viele, die von einem solchen Zeitplan nichts verstehen.“

Denn in Japan laufen jeder ordentlichen Heirat komplizierte Familiengespräche voraus. Dessen offenbar bewußt, scherzte Yotaro Iida, Vorsitzender der Mitsubishi Heavy Industries, noch vor einigen Monaten: „Die Begegnung mit Daimler läßt sich für mich auch so beschreiben: Ich habe an einem Feiertag eine wunderschöne Frau getroffen, und weiß nicht, welche Folgen die Begegnung haben wird.“ Fazit: Die Verlobung im vergangenen März mit der Scheidung nach einem Jahr wäre einem Westmodell gleichgekommen. Doch für Mitsubishi hat der Flirt gerade erst begonnen, und die Folgen sind immer noch unabschätzbar.