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Honeckers letzter Staatsbesuch

■ Gorbatschow läßt Ex-DDR-Chef nach Moskau ausfliegen/ Angeblich medizinische Notwendigkeiten/ Anwälte waren von der Abreise ihres Mandanten überrascht/ Prozeß gegen Honni damit hinfällig

Berlin (taz) — Der ehemalige Staats- und Parteichef der DDR ist schon am Mittwoch nachmittag klammheimlich in die Obhut der Sowjets nach Moskau entschwunden — wahrscheinlich auf Nimmerwiedersehen. Der Haftbefehl gegen den ehemals ersten Mann im Staate DDR, den die Berliner Justiz u.a. wegen des Schießbefehls an der Mauer erlassen hat, wird damit wohl niemals mehr vollstreckt werden. Honeckers Anwalt Nicolas Becker zeigte sich gestern von der Abreise seines Mandanten überrascht. Bei einem zufälligen Besuch im sowjetischen Militärkrankenhaus Beelitz, wo Honecker zuletzt mit seiner Frau Margot untergebracht war, hätten die Militärs ihm nach 45minütiger Wartezeit erklärt, man könne den 78jährigen nicht mehr besuchen, weil er gar nicht mehr da sei. Herr Honecker sei samt Gattin schon am Mittwoch nachmittag nach Moskau ausgeflogen worden.

Ein Ärztekonzilium des Krankenhauses habe entschieden, daß es in Beelitz keine ausreichenden medizinischen Möglichkeiten gebe, den erheblichen gesundheitlichen Schwierigkeiten des schwerkranken Honeckers gerecht zu werden. Es seien neben einer Herz- und Kreislauferkrankung auch Nierenprobleme aufgetreten, für die es in Beelitz keine Behandlungsmöglichkeit gebe. Er habe, so Anwalt Becker, keinen Anlaß, an diesen Angaben zu zweifeln. Schon letzte Woche habe sich der Gesundheitszustand Honeckers verschlechtert. Ob sein Mandant jemals wieder auf deutsches Territorium zurückkehren werde, habe ihm niemand sagen können. Ein Prozeß sei nun wohl unwahrscheinlich.

Von sowjetischer Seite war gestern keine Stellungnahme zu „Honnis“ heimlicher Flucht ins Exil zu erhalten. Moskau hatte schon vorher signalisiert, man werde einen Prozeß gegen Honecker kaum ermöglichen. Man betrachte den Fall Honecker als eine „humanitäre Frage“. Die Berliner Justizsprecherin Jutta Burkhardt erklärte, der Haftbefehl bleibe bestehen. Es bestehe allerdings kein Auslieferungsabkommen mit Moskau.

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