: Hoch-die-Tassen-Blues
■ „Louisiana Festival": Blues, Sweat and Beers
In der Schauburg ging es hoch her: Das Bier wurde direkt im Konzertsaal ausgeschenkt, in den Stuhlreihen war ein ständiges Kommen und Gehen, viele unterhielten sich oder sangen recht gewagt mit. Einer hatte sogar seine eigene Mundharmonika dabei, auf der er munter mitspielte.
Die drei Konzerte, von Radio Bremen zusammen mit „Sparkasse in Concert“ am Mittwoch und Donnerstag veranstaltet, boten ein breites Spektrum der Bluesstile der Südstaaten.
Am Mittwoch standen die Gitarristen im Vordergrund: zuerst der junge Troy Jerome Turner mit einem sehr rockigen, harten Sound. Turner wurde von zwei Mitgliedern des Neal Clans begleitet, und als nächstes kam die ganze Familie auf die Bühne. Der Sänger und Mundharmonikaspieler Raful Neal hat sich mit vier Söhnen eine komplette Begleitband herangezogen. Neal Senior hatte mit seinem blitzendem Goldzahn, der erdigen Stimme und solchen Matchohymnen wie dem „Hutchy — Kutchy — Man“ die Zügel noch fest im Griff, aber sein ältester Sohn Raful Jr. war mit seiner eher singenden Gitarre in der Tradition eines B.B. King schon als der Tronfolger auszumachen. John Mooney und seiner Band gelang es, den eigentlich recht altmodisch behäbigen Slide-Gitarren-Stil mit Mambo- Rhythmen aufzufrischen.
Am zweiten Tag waren die Entertainer an der Reihe. Johnny Adams und Grady Gaines sind als Clowns mindestens ebenso unterhaltsam wie als Musiker. Adams unterbrach sein Programm von Standards wie „Stand by me“ immer wieder, um das Publikum zum mitsingen oder dem ziemlich mühsamen „Linke Hand auf den Kopf und rechte Hand an die Schulter“ zu bewegen. Grady Gaines lieferte mit seinen „Texas Upsetters“ den krönenden Abschluß: Gaines, in eine goldene Mischung zwischen Jackett und Abendkleid gehüllt, wurde keck als „The King himself“ vorgestellt. Witzig waren sogar der furchtbare Gesang des Posaunisten Paul Roberts. Der siebzigjährige Tropeter Floyd Arcenaux konnte kaum noch blasen, stand aber so komisch ernst wie Buster Keaton auf der Bühne herum. Gaines brüllendes Saxophon und seine Verrenkungen, die hohen Töne und wogende Leibesfülle der Sängerin Early Huntsberry House und die obzönen Zweideutigkeiten des Sängers Robert Smith brachten das Publikum endgültig aus dem Häuschen. Seiner Zeit bei Little Richard stieg er noch auf‘s Piano, aber immerhin zog der „wilde Mann des Tenorsaxophons“ mit röhrendem Horn durch die Stuhlreihen, erklomm einen der wackligen Kinositze und tronte dort hautnah über dem Bremer Bluesfieber — ein würdiger Schlußpunkt des Festivals. Willy Taub
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