: Friede sei dem Ringelleibchen
■ “Kunst gegen den Krieg“ — Mit Wolfsmond und Iki Dünya und einer Fehlleistung
Drei Tage Kunst gegen den Krieg — nach dem Krieg. Für Breitenwirkung ist es dann zu spät: Auch die Abschlußveranstaltung am Sonnabend im Schlachthof war nur mäßig besucht. Dabei war die Auseinandersetzung mit dem Krieg am Golf doch auch gedacht als eine mit den in Zukunft drohenden Kriegen, sagte Sabine Klein-Schonnefeld von Scheherazade. Zudem: „Das Schießen geht weiter“.
Mittwochs im Lagerhaus war, unter dem Titel Betreffend die Betroffenheit, der direkte künstlerische Umgang mit Opfern und Folgen des Golfkriegs, mit Militärzensur und computerisierter Kriegsführung im Mittelpunkt gestanden. Am Donnerstag dann präsentierten KünstlerInnen des Bremer Westens alte und neue kabarettistische Texte, und Thomas Tiensch und Christiane Böttcher zeigten ihre Multi-Media-Show Der Zauberlehrling.
Am Freitag folgten die (kaum problembezogenen) Programme des Gitarristen Hans Kumfert, der neuen Wolfsmond-Formation von Lu Lafayette und das der deutsch-türkischen Band Iki Dünya. Dazwischen — nachdem Kumfert unter anderem das dreisätzige El Decamerone Negro von Leo Brauer eindrucksvoll vorgetragen hatte - war die Szenencollage Apocalypse Now?! der Künstlergruppe des Wissenschaftlichen Instituts für Schulpraxis ziemlich schräg plaziert. Noch recht unprofessionell fischten die Drei zahllose sprachliche Fehlleistungen aus den Kriegsberichten — und leisteten sich dann selbst eine: Der Einfall, eine Tegtmeier-Figur zur Politik Israels dumme Sprüche ableiern zu lassen, war schlicht peinlich.
Daß Lu Lafayette alias Jochen „Lude“ Peters den Bandnamen Wolfsmond nebst dazugehörigem Songmaterial noch mal aus der Gruft heben wolte, hat er schon vor einiger Zeit angekündigt. Heuer läßt sich der Keyboarder von Dieter Heinsohn (b), Harald Konietzko (perc) und dem recht wirkungsvollen Gitarristen Matthias Straß unterstützen. Doch das alte wie das neue Liedgut wirkt in seiner unambitionierten Glätte unzeitgemäß wie das rot geringelte T-Shirt des rund gewordenen Lude Peters. Das verspricht für Wolfsmonds Comeback, neue LP inklusive, kaum Erfolg.
Anders Iki Dünya — Zwei Welten. Das Quintett garniert türkische Phrasen und Melodien mit harten Wave-Rhythmen und einem bisweilen opulent eingesetzten Keyboard. Überraschende Breaks, Rhythmuswechsel und vor allem der druckvolle türkische Gesang von Sophie Schultze ließen den Abend ziemlich energisch ausklingen. Rainer Köster
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