: Mit der Axt gegen Studentin
Der Prozeß gegen den Neo-Nazi Polacek begann unter großen Sicherheitsvorkehrungen ■ Aus Duderstadt Reimar Paul
Leibesvisitationen und penible Taschenkontrollen, Polizei in- und außerhalb des Gerichtsgebäudes. Nur 40 Personen fanden im viel zu kleinen Verhandlungssaal Platz, fast 100 Interessierte mußten draußen bleiben, argwöhnisch beäugt aus den Fenstern der Duderrstädter Fachwerkhäuser.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen begann am Mittwoch vor dem örtlichen Amtsgericht der Strafprozeß gegen den Landesvorsitzenden der Freiheitlichen Deutschen Arbeiter-Partei (FAP), Karl Polacek. Der 56jährige Österreicher ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Er soll am 14. Juli letzten Jahres in Mackenrode bei Göttingen eine Studentin mit einem Beil angegriffen und am Kopf verletzt haben
Zusammen mit drei anderen Frauen hatte sich die Studentin in dem Dorf nach möglichen Teilnehmern eines FAP-Landesparteitages umgesehen. Polacek und der wegen eines in der Neujahrsnacht verübten Mordes angeklagte Skinhead Oliver Simon hielten zur gleichen Zeit nach Gegendemonstrationen Ausschau. Als er der Frauen ansichtig wurde, so der Angeklagte bei der Vernehmung zur Sache durch den Vorsitzenden Richter Friedrich Zoller, „dachte ich, wir sind umstellt, das ist ein Generalangriff“. Zur Abwehr der vermeintlichen Attacke drückte Polacek seinem Schützing Simon eine mit Leuchtspur- und Schreckschußmunition geladene Pistole in die Hand. Wie „hysterische Hühner“ seien die Frauen vor dem schießenden Skinhead um das Auto geflüchtet, „das war 'ne ganz lustige Situation“. Um noch mehr Spaß zu haben, stieg Polacek ebenfalls aus, stieß „Kehllaute“ aus und schnitt, „die Axt in Ruhestellung neben meinem Kopf“, den Fliehenden den Weg ab. Die Studentin „lief gegen mich und ist mit dem Kopf gegen die Schneide des Beils geprallt“. Zugeschlagen haben will Polacek nicht: „Ich war in meiner Jugend Holzfäller. Und wenn ich zuhaue, dann macht niemand mehr eine Anklage.“
Die in dem Prozeß als Nebenklägerin auftretende Studentin bestätigte demgegenüber ihre frühere Einlassung, nach der Karl Polacek ihr den Weg verstellt und mit dem Beil einen Schlag gegen ihren Kopf geführt haben. Nur mit einer raschen Armbewegung sei es möglich gewesen, den Hieb abzufangen. Indirekt bestätigt wurde diese Darstellung durch die Aussage des als Gutachter geladenen Arztes Heinrich Köhler. Alles deute darauf hin, sagte Köhler, „daß zugeschlagen worden ist“.
Das Verfahren wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Auf der Tagesordnung stehen dann weitere Zeugenvernehmungen und ein Antrg der Verteidiger der Studentin, auch über Polaceks Führer-Rolle in der Neo-Nazi-Szene zu verhandeln.
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