: Vom überragenden Erfolg einer Idee
■ Bereits am 13.März 1990 gab es kaum noch Widerstand gegen die deutsche Währungsunion/ Karl-Otto Pöhl kämpft mit seiner persönlichen Sprachregelung
Selten ist der Vorschlag einer Oppositionspartei von den Regierenden so schnell aufgenommen und umgesetzt worden wie die deutsch-deutsche Währungsunion. Ingrid Matthäus-Maier, finanzpolitische Sprecherin der SPD, brachte sie am 18.Januar 1990 erstmals ins Gespräch. Bundesbankpräsident Karl-Otto Pöhl lehnte die Währungsunion damals, am 27.Januar 1990, ganz klar ab. Zwei Wirtschaften, die dermaßen verschieden seien, könne man nicht von jetzt auf gleich über eine gemeinsame Währung zusammenlegen. Erst sei die DDR-Mark teilkonvertierbar zu machen.
Sorgen bereitete der Bundesbank bereits in ihrem Monatsbericht vom Februar 1990, daß „die möglichen wachstums-, stabilitäts- und kapitalmarktpolitischen Folgewirkungen der politisch in Aussicht gestellten Währungs- und Wirtschaftsunion mit der DDR“ zu einer höheren Staatsverschuldung und in der Folge zu einem weiteren, die Konjunktur bremsenden Zinsanstieg führen könnten.
Die Währungsunion bestimmte daraufhin die politische Diskussion des Februars, nachdem Modrow in seinem Konzept zur deutschen Einheit zunächst die „Bildung einer Vertragsgemeinschaft mit einer Wirtschafts-, Währungs- und Verkehrsunion“ vorgeschlagen hatte. Finanzminister Theo Waigel (CSU) schwenkte am 2.Februar auf die Linie „Einführung der D-Mark in der DDR“ ein. Und bereits am 7.Februar bot die Bundesregierung der DDR-Regierung Verhandlungen über eine Währungsunion an.
Bundesbanker Pöhl haspelte sich fortan bis zum 9. Februar durch immer schwierigere Argumentationsketten. Dann hatte er seine persönliche Sprachregelung gefunden, nach der er aus „politischen Gründen“ die Währungsunion nicht behindern wolle, aber aus ökonomischen dagegen sein müsse.
Eine Flut von Expertenstellungnahmen warnte im Februar 1990: große Teile der DDR-Betriebe seien nicht konkurrenzfähig und von der Pleite bedroht. Mit Massenarbeitslosigkeit müsse daher gerechnet werden. Dagegen setzte die Bundesregierung das Argument vom schnellen Wirtschaftswunder durch die starke D-Mark. Bereits am 13.März war im Grunde die Diskussion gelaufen: Kohl versprach, fünf Tage vor der Volkskammerwahl, eine Umstellung von 1:1 für Kleinsparer. Danach hatte der Zentralbankrat der Bundesbank am 1.April(!) schon keine Chance mehr, seinen „einhelligen“ Vorschlag 2:1 durchzubringen, der am 23.April vom Tisch war, als sich die Bundesregierung auf das Angebot 1:1 an die DDR verständigte. Donata Riedel
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