»Hebun« heißt »dasein«

■ Neuer Verein will sich um kurdische Giftgasopfer kümmern/ Kurdisch soll in Schulen verankert werden

Geboren im Jahre 2603, getauft auf den Namen »Hebun«. Die neue Initiative von KurdInnen und Deutschen ist kaum älter als das neue Jahr, aber längst überfällig. Hebun bedeutet auf deutsch »dasein« — und dem Verein geht es eben darum, den KurdInnen die Möglichkeit zu geben, mit ihrer Sprache, Kultur und Geschichte präsent zu sein. Hebun will vor allem in der Schule und Vorschule für kurdische wie auch deutsche Kinder die kurdische Sprache verankern. Einen Anfang hat bereits der kurdische Kultur-und Hilfsverein gemacht, auf dessen Initiative hin in Neukölln ein kurdisch-deutscher Kinderladen eröffnet wurde. Zu den Plänen Hebuns gehört ebenfalls eine Kindertagesstätte, ein Hort und ein Nachbarschaftstreff zur Förderung kultureller Initiativen von KurdInnen, Deutschen und anderen BerlinerInnen.

Man will allerdings nicht nur kulturell, sondern auch politisch präsent sein. Zusammen mit dem »Förderkreis Klara Haber« können bei Hebun e.V. auch alle die mitarbeiten, die »ein Stück Verantwortung nach eigenem möglichen Einsatz übernehmen wollen«, wie es in der Selbstdarstellung des Vereins heißt. Mit dem Namen des Förderkreises wird der Ehefrau des deutschen Chemikers Fritz Haber gedacht. Haber war während des ersten Weltkrieges Giftgasexperte. Klara Haber versuchte, zum Teil unter Einsatz ihres Lebens, ihren Mann davon abzuhalten, für das deutsche Militär Gaswaffen zu entwickeln. Als er sie ignorierte, nahm sie sich das Leben.

Das Wort Giftgas ist nicht erst seit den Drohungen Saddam Husseins, Israel mit chemischen Waffen anzugreifen, wieder mit dem Adjektiv »deutsch« behaftet. Unter anderem deutsches Know-how und deutsche Produktionsanlagen ermöglichten es Saddam Hussein, 1988 kurdische Dörfer mit Senf- und Nervengas zu bombardieren und Giftgas auch im iranisch-irakischen Krieg gegen iranische Soldaten einzusetzen. Mit den Folgen dieser Exportpolitik sind die Deutschen bislang kaum konfrontiert worden. Einigen vergleichsweise wenigen KurdInnen gelang die Flucht in die Bundesrepublik, einige wenige Opfer werden in deutschen Krankenhäusern behandelt. Diese Menschen will Hebun und der Förderkreis Klara Haber unterstützen. Geplant ist, Patenschaften für Flüchtlinge zu organisieren, kriegsverletzte Kinder und Jugendliche während der medizinischen Behandlung in Familien unterzubringen sowie Ärzte zu suchen, die zu unentgeltlicher Behandlung und Betreuung bereit sind.

Ein erstes Treffen des Förderkreises Klara Haber und des Vereins Hebun findet am 9. April um 19 Uhr bei Halk Kösesi, Erdmannstraße 7, Berlin 62 statt. Weitere Informationen sind z.Z. noch über »Hinbun«, Jagowstraße 19, Berlin 20, (3366662) zu erhalten. Andrea Böhm