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Ein Stück Menschlichkeit in der Justiz

■ Betreuungsraum für Zeugen im Landgericht

Das Opfer einer Vergewaltigung und der Täter warten im gleichen Gerichtsflur auf die Verhandlung. Vielleicht sitzen sie sogar auf derselben Bank. Der Mann, der vom Angeklagten niedergeschlagen wurde, bricht bei der Verhandlung in Tränen aus. Um sich zu beruhigen, wird ihm ein Gang durch das Treppenhaus vorgeschlagen. Bis heute auch in Bremen zwei alltägliche Szenen.

SozialpädagogInnen von der Bremer Hilfe fanden den Zustand unerträglich und drängten auf eine Lösung im Interesse der Opfer. Denn die, so die Organisation, sind bei Gericht, wo noch immer der Angeklagte im Mittelpunkt steht, am meisten belastet. Heute, ein Jahr später, war es endlich soweit: Etwas abseits vom alltäglichen Gerichtsgeschehen, direkt unterm Dach des Bremer Landgerichts, wurde ein „Zeugenbetreuungszimmer“ vorgestellt.

Unter den Dächern des Landgerichtes können ab dem 20.April Zeugen in Strafverfahren auf ihre Vernehmung warten bzw. sich über den Verlauf des Gerichtsverfahrens, ihre Rechte und Pflichten beraten lassen. Auch für die Kinder von Zeugen ist gesorgt. Für die Zeit des Gerichtstermins werden sie kostenlos betreut.

Die drei miteinander verbundenen kleinen Räume sind hell, ruhig und freundlich. Weiße Raufasertapete, nur mit Lack behandelte Holzmöbel, Sitzelemente in Eierschaale und eine Kinderspielecke. Täglich von 8.30 bis 15.00 Uhr bieten zwei BetreuerInnen der Bremer Hilfe unentgeldlich und vertraulich ihre Unterstützung an. „Wenn es ein Zeuge oder eine Zeugin wünscht, begleiten wir auch zur Gerichtsverhandlung“, sagt Danielle von der Bremer Hilfe. „Es passiert nicht selten, daß Zeugen es nicht ertragen können, der ganzen Verhandlung zu folgen.“ So sei zum Beispiel neulich ein Opfer von schwerer Körperverletzung im Gerichtssaal zusammengebrochen. „Der einzige Ort, wohin man bis jetzt ausweichen konnte, war der Flur oder ein Anwaltszimmer“, sagt Hermans.

Doch die neuen Räume können nicht nur von der Bremer Hilfe genutzt werden. „Wir wollen mit allen, die sich wie zum Beispiel Schattenriß oder der Weiße Ring für die Opfer von Straftaten einsetzen zusammenarbeiten,“ betonte Hermans.

Für die Herrichtung der Räume erhielt die Bremer Hilfe einen 6.500 Mark Zuschuß von der Stadt. Die beiden Betreuerinnen werden zunächst über ABM- Maßnahmen bezahlt. „Für uns bedeutet die neue Einrichtung, daß unsere Justiz ein Stück weit menschlicher wird“, betonte Justizsenator Volker Kröning bei der Einweihung.

Die Räume 403/404 sind über den Eingang B des Amtgerichtes (Neubau) zu erreichen. Mit dem Fahrstuhl geht's in den vierten Stock und über den gläsernen Brücken übergang zum Landgericht, wo man nur noch der Ausschilderung folgen muß. Weitere Informationen werden in der Beratungsstelle der Bremer Hilfe unter der Telefonnummer 490706 (Öffnungszeiten 10.00 bis 18.00 Uhr) gegeben. bz

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