: Fische mit Make-up
■ Britische Wissenschaftler haben einen natürlichen Farbstoff entdeckt, der Forellen zum Erröten bringt
Britischen Wissenschaftlern ist es gelungen, Forellen aus Fischfarmen auf natürliche Weise zum Erröten zu bringen. Die englische 'Times‘ berichtete in der vergangenen Woche, daß dadurch künstliche Farbstoffe zumindest bei Zuchtforellen überflüssig werden könnten.
Ihre freilebenden Artgenossen ernähren sich hauptsächlich von Krabben und Garnelen, was dem Forellenfleisch die appetitliche rosa Farbe verleiht. Auf den Fischfarmen werden den Forellen diese Leckerbissen aus Preisgründen vorenthalten. So bleibt ihr Fleisch blaß und sieht auf dem Teller eher wie ein Fischstäbchen ohne Teig aus. Dem wurde bisher mit Canthaxantin abgeholfen, einem künstlichen Farbstoff, der dem Karotin ähnelt.
Der Farbstoff steht jedoch im Verdacht, eine unerwünschte Nebenwirkung zu haben: Er erhöht wahrscheinlich das Krebsrisiko — nicht das der Fische, sondern der Feinschmecker, die die bunten Forellen verspeisen. Darüber hinaus will die Europäische Kommission Vorschriften durchsetzen, nach denen die gefärbten Meerestiere gekennzeichnet werden müssen. Die Fischfarmer fürchten zu Recht, daß ein derartiger Hinweis auf Fische mit Make-up die Tiere zu Ladenhütern machen werde. Das stinkt ihnen zum Himmel. Was jahrelange Warnungen vor dem möglichen Gesundheitsrisiko nicht vermochten, schaffte die drohende Umsatzeinbuße beinahe über Nacht: Eine Lösung bahnt sich an.
Ein Team von Wissenschaftlern an der Polytechnischen Hochschule Plymouth in Südwestengland hat Experimente mit einer Reihe von Mikroorganismen durchgeführt, die eine natürliche Version des rosa Farbstoffs produzieren. Mit Hilfe der Biotechnik ist es den Wissenschaftlern gelungen, diesen Farbstoff, der in einigen Algenarten und in roter Hefe vorkommt, zu isolieren und zu konzentrieren. Versuche haben ergeben, daß die natürliche Farbe genau die gleiche Wirkung hat, wenn sie dem Fischfutter beigemischt wird, wie die chemische Färbung. Außerdem enthalten die Forellen mit Naturfarbe mehr Nährstoffe als die freien, chemieroten Fische.
Bisher sind die Versuche lediglich an Forellen durchgeführt worden. Der Leiter des wissenschaftlichen Teams, Fischernährungsspezialist Simon Davies, ist jedoch davon überzeugt, daß der Hefe- und Algenfarbstoff auch bei Lachsen eingesetzt werden kann. Doch selbst das ist für Davies erst der Anfang: Teure Zierfische wie der japanische Koi- Karpfen könnten mit dem roten Extrakt ihr Aussehen zum Vorteil verändern und ein wenig Farbe ins Aquariumsbecken bringen — möglicherweise gar passend zur Couchgarnitur. Davies äußerte sich nicht dazu, ob auch von Natur aus blaße Menschen in Zukunft auf eine gesunde Gesichtsfarbe hoffen dürfen. Ralf Sotscheck
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