: ARBEITENVONASTRIDMOSCH
KUNSTZUMGENIESSEN ■ ... VON DEN BALKEN, DIE NICHT BIEGEN UND NICHT BRECHEN
Noch ist der Wald nicht fern, aus dem dies Holz stammt und nicht das Haus, in dem diese Balken vielleicht die Decke trugen; noch ist das Dröhnen der Axt- Schläge, das Krachen splitternder Stämme und das Wegspritzen der Hobelspäne erahnbar. Die über zwei Meter hohen Holzstelen von Astrid Mosch zeugen vom Zupacken; kein Zufall scheint, daß ihre weiblichen Figuren — ob gezeichnet, im Holzschnitt, in kubische Kalksteinskulpturen gehauen oder wie in ihren jüngsten Holzarbeiten - solch ausgeprägt große und aktive Hände haben. »Tanzende« nennt die Bildhauerin ihre hölzernen Riesinnen, doch deren Bewegungen sind sparsam: die Arme gehoben oder vor dem Leib gekreuzt, die Augen geschlossen, stehen sie senkrecht still, als müßten sie wie ihre uralten Schwestern, die Karyatiden des Tempels, die Decke eines Gebäudes stützen. Ihr Tanz scheint mehr eine innere Bewegung, ein Vorbeiziehen und Absinken der Bilder in die Schwere des Körpers. Die Balken, aus denen sie gehauen sind, sind nicht allein das Werk der Künstlerin: sie scheinen schon als Bauholz Erfahrungen gesammelt zu haben. Der Zugriff der Künstlerin baut auf dem namenloser Arbeit auf. Gerade diese Doppelheit der Geschichte der Statuen, als Figur und als Werkstoff, verleiht ihnen kraftvolle Ausstrahlung. Etwas von der Herausforderung an die Künstlerin, diesem spröden und herben Stoff einen poetischen Charakter zu geben, bleibt spürbar.
Astrid Mosch erlernte die Damenmaßschneiderei, bevor sie in Weißensee Bildhauerei studierte. Mich erinnern die etwas stereotypen großäugigen Köpfe ihrer Akt-Figuren auf Papier an Schaufensterpuppen; sprechend gestaltet sie den nackten, nicht den bekleideten Körper. In einigen Zeichnungen durchstößt das Skelett, von dem die kantigen Bewegungsimpulse ausgehen, fast die gespannte Umrißlinie. Mit den Händen, nicht mit den verschlossenen Gesichtern, reden ihre Figuren. Katrin Bettina Müller
BIS23.4.,GALERIEAMPRATER,KASTANIENALLEE100
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