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Hetztiraden gegen Kärntner Slowenen

Rechtsradikale verwehren der Minderheit ihre Rechte/ Südkärntner entschieden nach dem Zerfall der Monarchie für Österreich  ■ Aus Wien Nadine Hauer

„Kärnten muß deutsch bleiben!“ Nein, das ist kein Druckfehler. Kärnten liegt in Österreich, aber die dort lebende slowenische Minderheit bedroht angeblich das „Deutschtum“. Was so absurd klingt (und auch ist), hat einen handfesten politischen Hintergrund.

Die Rede von einer Gefahr für die deutschsprachigen Österreicher ist auch deshalb so absurd, weil die slowenischsprechende Minderheit tatsächlich winzig ist: In ganz Österreich leben rund 15.000 Slowenen (das sind 0,2 Prozent der Bevölkerung), davon 14.200 in Kärnten, dort stellen sie drei Prozent der Bevölkerung. Sie haben auch keine Privilegien, die ihnen Neid und Ablehnung eintragen könnten: Viele Slowenen arbeiten als Lehrer, Erzieher, Seelsorger oder Sozialarbeiter.

Die Rechte der ethnischen (und religiösen) Minderheiten wurden 1955 in Paragraph 7 des österreichischen Staatsvertrages verankert; dazu gehört der Anspruch auf Elementarunterricht in der jeweiligen Sprache (Ungarisch, Tschechisch, Kroatisch, Slowenisch) und auf eine „verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen“.

Während einige dieser Rechte nicht erfüllt wurden, weil sich Österreich den Minderheiten gegenüber wenn auch nicht feindlich, so doch ignorant verhält, („wenn die sich anpassen, gibt es keine Probleme“), ist die Auseinandersetzung um die Slowenen bis heute von einer Emotionalität getragen, die nur vor dem Hintergrund der unbewältigten Vergangenheit verständlich wird.

Im Friedensvertrag von 1919 wurde festgelegt, daß die Bevölkerung Südkärntens selbst entscheiden sollte, ob sie nach Zerfall der Monarchie zu Jugoslawien gehören ober bei Österreich bleiben wollte. Die Volksabstimmung ergab ein eindeutiges Votum für Österreich. Die slowenischsprechende Bevölkerung hatte sich damit tatsächlich für Österreich entscheiden, die Deutschsprachigen träumten hingegen von einer „großdeutschen Lösung“. Allerdings war die Betonung des Deutschtums in Kärnten — offensichtlich als Abgrenzung gegenüber Jugoslawien — besonders stark ausgeprägt.

Als der „Anschluß“ an Hitler- Deutschland dann Realität wurde, fühlten sich die deutschsprachigen Kärntner bestätigt, die slowenischsprechenden aber bedroht; schließlich gab es keinen Zweifel über die Einstellung der Nationalsozialisten zu nicht-deutschen Minderheiten. Die Zahl militanter Nazis war in Kärnten besonders groß, unter den Slowenen fanden sich hingegen besonders viele, auch aktive Gegner des NS-Regimes. Die Brutalität, mit der Kärntner Nationalsozialisten gegen Slowenen vorgegangen sind, gehört zu den einschneidensten Erfahrungen in der Geschichte Kärntens.

Viele Österreicher erlebten das Ende des Zweiten Weltkriegs und den Zusammenbruch des Dritten Reiches nicht als Befreiung, sondern als Besetzung Österreichs durch die Alliierten. In Kärnten haben sich deutschnationale Traditionen besonderns hartnäckig gehalten. So bezeichnete der jetzige Landeshauptmann Jörg Haider von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) die österreichische Nation im Vorjahr öffentlich als „Mißgeburt“.

Als sich 1945 die politischen Parteien etablierten, schloß sich die Mehrheit der Bevölkerung der Sozialistischen Partei (SPÖ) und der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) an. Wegen der knappen Mehrheiten spielte der Kampf um die (rund 700.000) Stimmen der ehemaligen Nationalsozialisten eine entscheidende Rolle. Ihre Stimmen verteilten sich gleichmäßig auf die beiden Großparteien.

In Kärnten liefen die Uhren auch diesmal wieder anders. In den Jahren des „Austrofaschismus“ (1934 bis 1938) hatten die klerikalen Christsozialen sowohl Sozialisten als auch Nationalsozialisten verboten; aus dieser Zeit stammt die im Zweifelsfall größere Affinität Deutschnationaler zur SPÖ nach 1945. Die Mehrheit der ehemaligen Nationalsozialisten schloß sich dort der SPÖ an. Den Preis für die Stimmen der „Ehemaligen“ mußten die Kärntner Slowenen bezahlen. Auch auf Bundesebene hielten sich SPÖ und ÖVP zurück, wenn es um die Durchsetzung slowenischer Minderheitenrechte gegen den Widerstand der Deutsch- Kärntner ging. Dieser Widerstand äußerte sich immer wieder in radikaler Form. Unter Führung des „Kärntner Heimatdienstes“ (KHD), einer rechtsextremen Organisation, die als zentrales Anliegen die „Deutscherhaltung Kärntens“ vertritt, kam es 1972 zum „Ortstafelsturm“ gegen die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in Gemeinden mit hohem slowenischen Bevölkerungsanteil.

Der KHD besteht auch auf einer „Minderheitenfeststellung“, bei der die Slowenen, die ja österreichische Staatsbürger sind, ein Bekenntnis zu ihrer „slowenischen Nationalität“ abgeben sollen — verfassungsrechtliche Einwände konnten dies allerdings bis heute verhindern. Beinahe jährlich eskaliert die Anmeldung von Schülern zum Slowenischunterricht zu emotionsgeladenen Auseinandersetzungen, die mit Hetzparolen über die Gefahr einer „Slowenisierung Kärntens“ durchaus Anklänge an die NS-Zeit aufweisen. Seit einigen Jahren sind die Slowenen durch die „Grünen“ im österreichischen Parlament vertreten, wo es vor allem mit Vertretern der FPÖ immer wieder zu Schreiduellen kommt. SPÖ und ÖVP ziehen es hingegen weiter vor keine Stellung zu beziehen.

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