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Von Leser zu Leser-betr.: "Wo seid Ihr jetzt?" von Gerald Leue, taz vom 8.4.91

betr.: „Wo seid Ihr jetzt?“ von Gerald Leue, taz vom 8.4.91

[...] Als Mitunterstützer des (auch kriegerischen) Widerstands gegen Saddam Husseins militärische Ausbreitung, möchte ich jedenfalls für mich antworten:

Ich halte die (auch militärische) Unterstützung des Aufstands der irakischen Völker für geboten. Jedoch ziemt es sich nicht, daß gerade die Leute, die Saddam Hussein in Kuwait gewähren lassen wollten, es jetzt den Alliierten ankreiden, daß — wie von der „Friedensbewegung“ gefordert — sie den Waffenstillstand halten und daß alliierte Unterstützung für den Aufstand sich auf wenige Hilfsgüter und nur teilweise gewährte Zuflucht beschränkt.

Ich begrüßte es, wenn die Alliierten Waffen an die Kurden lieferten — aber dann Panzer und keinen Pipifax, der gegen die Panzer der „Republikanischen“ Garde nicht standhalten kann. Wenn sie sich nicht „einmischen“ wollen, dann sollten sie mindestens jedes aufsteigende irakische Flugzeug als Waffenstillstandsbruch abschießen.

Doch wenn die Alliierten nichts weiter tun, als einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen, wenn sie sich damit zufriedengeben, Saddam Husseins Träumen vom panarabischen Faschismus ein Ende gesetzt zu haben, wenn sie das aus Eigeninteresse gemacht haben? Dann haben sie immer noch mehr für die Aufständischen getan als diejenigen, die meinten, man können einem Saddam Hussein beikommen, indem man sich mit ihm nur von Herz zu Herz ausspricht.

Zu Ingrid Bachers Brief (taz vom 9.4.91) und Ekkehart Krippendorfs Artikel („Die dritte Atombombe“, taz vom 2.4.91), die behaupten, der Golfkrieg habe, ähnlich den Atombomben, eine weltpolitische Zäsur gesetzt:

Wenn man schon übers Undenkbare denken will, dann bitte schön klar, und nicht aufs simpelste von antiamerikanischen Ressentiments, der Masse der Fernsehbilder und der Sucht nach neuen Superlativen geleitet. Vom Gesamteinsatz moderner Waffen her, war der Vietnamkrieg und neuerlich, der Afghanistankrieg unvergleichlich schlimmer als der Golfkrieg. Vom Ausmaß des Sterbens her käme noch vieles dazu, einschließlich Kambodscha, Äthiopien und relevanterweise Saddam Husseins Krieg gegen den Iran. Jeder dieser Kriege kostete mehr als zehnmal so viele Tote als der Golfkrieg. Mitch Cohen, Berlin

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