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Bremste Kohl die Öffnung?

Hamburg (dpa) — Bundeskanzler Helmut Kohl hat nach Darstellung des früheren DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski eine frühere Öffnung des Brandenburger Tores verhindert. Nachdem die Agenturen am 15. November 1989 die unmittelbar bevorstehende Öffnung des Berliner Wahrzeichens meldeten, habe Kanzleramtsminister Rudolf Seiters seinem Besucher Schalck mitgeteilt, daß Kohl sich durch eine Öffnung des Brandenburger Tores zum damaligen Zeitpunkt „persönlich brüskiert“ fühlen würde, berichtet das Wochenblatt 'Die Zeit‘ in seiner neuesten Ausgabe.

Nach den Notizen Schalcks, die der Wochenzeitung vorliegen, erklärte Seiters, es würde „die offiziellen Verhandlungen mit der Bundesregierung außerordentlich erschweren, wenn eine etwaige Öffnung des Brandenburger Tores als neuer Grenzübergang ohne vorherige Kenntnis der Bundesregierung mit anderen Parteien und Politikern erfolgt“. Die Bundesregierung wolle die Öffnung des Brandenburger Tores nicht dem Zufall überlassen. Sollten die Meldungen aus Ost-Berlin zutreffen, würde Bonn die laufenden Verhandlungen mit der DDR sofort abbrechen.

Schalck, der am 15. November in Bonn als Leiter einer DDR-Delegation unter anderem über die Finanzierung des künftigen innerdeutschen Reiseverkehrs verhandelte, habe dann im Beisein von Seiters den damaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz angerufen. Krenz bestätigte, daß er das Brandenburger Tor öffnen lassen wolle. Nachdem Schalck die Bonner Position geschildert hatte, habe Krenz sich bereit erklärt, den Zeitpunkt der Öffnung des Brandenburger Tores mit Bonn gemeinsam festzulegen.

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