: Dies ist „Ein Angebot, kein Diktat“
Parteitag soll Trio Vollmer, Kleinert und Wollenberger wählen ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
Scheiße, werden MatadorInnen der grünen „Realos“ und des „Aufbruchs“ am vergangenen Montag gedacht haben, als sie im neuen 'Spiegel‘ blätterten. Da kündigte nämlich Vera Wollenberger an, sie werde für den Posten einer Sprecherin im künftigen Grünen-Bundesvorstand kandidieren. Nicht daß die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ost Realos und Aufbruch (strömungs)politisch im Magen läge. Aber: Sie müssen befürchten, daß diese Kandidatur Pläne durchkreuzt, die sie für den Parteitag am übernächsten Wochenende geschmiedet haben.
Dort soll nämlich eine Strukurreform beschlossen werden, die unter anderem das bisher dreiköpfige SprecherInnengremium auf zwei verkleinert. Auf diesen Posten sähen sie am liebsten Antje Vollmer und Hubert Kleinert — die neben anderen beide hierfür kandidieren. Einen der beiden SprecherInnenposten an die Ost-Grünen abzutreten, kam für Aufbruch und Realos nicht in Frage. Den Schwestern und Brüdern aus der Ex-DDR den Anspruch auf einen Sprecherposten streitig machen, freilich auch nicht. Das Projekt Zweiervorstand wurde darum erst einmal zurückgestellt. Indes, das wirkliche Problem von Realos und Aufbruch lag woanders: in der Gefahr nämlich, daß die Delegierten nächste Woche in Neumünster nicht nur zwei aus ihrem Lager wählen.
Vollmer, Kleinert und noch einen Realo/Aufbruch-Menschen — daß diese Vorstellung den Delegierten nicht behagen würde und sie darum als Ausgleich auch eine linke KandidatIn aufs Sprechersofa heben würden, stand für die Realo/Aufbruch- Gruppe zu befürchten. Gestern versuchte sie ihr Problem zu lösen: indem sich Antje Vollmer, Hubert Kleinert und Vera Wollenberger im Vorfeld des Parteitages als künftige Führungstroika präsentierten. Politisch als auch menschlich die größte Chance, notwendige Erneuerungen voranzutreiben, den Zusammenschluß mit den Bürgerrechtsbewegungen der ehemaligen DDR zu bewerkstelligen und die Rückkehr in den Bundestag vorzubereiten — so kommentierte Antje Vollmer die Auto-Inthronisierung. Vermutungen, mit dieser Präsentation wollten die drei vermitteln, sie stünden für andere Kostellationen im Parteivorstand nicht zur Verfügung, wies sie freilich zurück: „Das ist ein Angebot und kein Diktat.“ Auch den Verdacht, das Zurück der Realo/Aufbruch-Gruppe zum Dreier-Vorstand sei taktisch bedingt, mochte sie nicht gelten lassen: Man habe sehr lange ergebnislos nach einer Ost-Grünen gesucht. Was Vollmer nicht erwähnte: Ihre Kandidatur angemeldet hat schon vor Wochen Christine Weiske — eine Ost-Grüne, die Realos und Aufbruch als zu links gilt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen