: Kaum Chancen für Stadt-Radio?
■ Workshop brachte Klarheit über die Interessen gegen einen 'lokalen Hörfunk'
“Wie werden die Chancen eines Stadt-Radios eingeschätzt?“ wollte der Verein Stadtradio e.V. am vergangenen Wochenende von verschiedenen Experten und auch von Vertretern bremischer Verbände und Organisationen wissen. Daß die Antworten nicht eindeutig waren, lag nicht nur an der mangelnden Deutlichkeit der Konzepte, die der Verein Stadt-Radio bisher vorgelegt hat.
Der eingeladene Experte und Leiter des Hamburger Instituts für Publizistik, Dr. Teichert, berichtete von seinen Untersuchungen über den potentiellen Werbemarkt für eine private Bremer Hörfunk-Frequenz. Er hat von der Landesmedienanstalt den Auftrag, ein Gutachten zu erstellen. Teichert untersucht allerdings die Werbe-Chancen für einen potentiellen Hörerkreis von 2 Millionen Menschen, also einen Sender der Radio-Bremen-Reichweite und nicht einen nur lokal ausstrahlenden kleineren Sender. Das Landesmediengesetz will aber „lokalen Anbietern“ eine Chance geben, da die Bürgerschaft damals davon ausging, daß die fünfte Hörfunk-Frequenz mit 107 MHz aus technischen Gründen zunächst nur eine „lokale“ Reichweite haben kann - auf einer benachbarten Frequenz lag Grenzfunk. Dieses technische Argument entfiel mit der DDR. Kommerzielle Interessenten spekulieren jetzt auf eine regionale Frequenz, die auf dem Werbemarkt notwendigerweise Radio Bremen und ffn härteste Konkurrenz liefern müßte. Ob bei einer Novellierung des Landesmediengesetzes ein „lokaler Hörfunk“ noch Priorität behält, wird auch vom Ausgang der Bürgerschaftswahlen abhängen.
Die Landesmedienanstalt wird im Mai, wenn das Teichert-Gutachten vorliegt, auch entscheiden müssen, ob sie die Frequenz überhaupt noch für ein Konzept 'lokaler Anbieter– vor der Wahl ausschreibt. Der Vertreter der IG Medien, Kurt Müller, erklärte die volle Unterstützung der Gewerkschaft für ein solches Konzept, Verbände wie die Arbeiterkammer oder die Kirchen, von denen sich die Initiative Stadtradio höhere finanzielle Zuschüsse erwartet hat, blieben aber zurückhaltend. In der Angestelltenkammer wird derzeit mehr auf den offenen Kanal Fernsehen geguckt, den die Landesmedienanstalt vorbereitet.
Zu dem Workshop war aus Hamburg der Medienwissenschaftler Kleinsteuber gekommen, der für ein Konzept 'nichtkommerzieller Hörfunk' plädierte, das für ehrenamtliches Engagement wie bei Fußballclubs Raum schafft. Einschaltquoten seien bei solchen Radios, die es in aller Welt außerhalb Deutschlands gebe, grundsätzlich unwichtig.
Der Verein Stadtradio will sein Lokalradio-Konzept zwischen beiden Stühlen weiter vorantreiben: einerseits professionell und hörerorientiert, andererseits aber nicht reiner Kommerzfunk. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen