MIT DEN KRISEN AUF DU UND DU: IWF: SU-Kollaps schon da
■ Vor Wirtschaftsreformen erst politische Probleme lösen
Washington/Paris/Warschau (afp/dpa) — In der Sowjetunion hat der wirtschaftliche Zusammenbruch nach Auffassung des Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits begonnen. Wie ein hochrangiger Mitarbeiter des IWF, der nicht genannt werden wollte, am Sonntag erklärte, ist dieser „Prozeß extrem gefährlich“ und könnte „unkalkulierbare Auswirkungen“ auch auf die osteuropäischen Staaten haben. Allein in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sei das Bruttosozialprodukt in der UdSSR um acht Prozent gefallen, so daß es unumgänglich sei, daß Moskau schnell Wirtschaftsreformen einleitet. Doch noch vor diesen Reformen müsse Moskau „ohne Verzögerung“ seine politischen Probleme, insbesondere die Frage seines Verhältnisses zu den Republiken, lösen.
Eine Finanzhilfe der Industrienationen an die UdSSR lehne der IWF ab. Lediglich humanitäre Hilfe und technische Unterstützung sei denkbar. Einen Bericht in diesem Sinne hatte der IWF bereits im Dezember veröffentlicht. Bereits zu jenem Zeitpunkt sei die Situation „düster“ gewesen, so der IWF-Mitarbeiter weiter, heute stelle sie sich „noch düsterer“ dar. „Wir hoffen auf Reformen, aber gegenwärtig sind wir außerstande, auch nur die geringste positive Beurteilung“ zur Entwicklung in der Sowjetunion abzugeben.
Polen: Reflation und Schuldenstreichung
Der Pariser Klub hat am Sonntag die Details für den Abbau der polnischen Auslandsschulden geregelt. Von 33 Milliarden Dollar öffentlicher Kredite werden 30 Prozent 1991 gestrichen, weitere 20 Prozent 1994, wenn Polen bis dahin die dem IWF zugesicherten Ziele eingelöst hat. Derweil sind dem Statistischen Hauptamt zufolge die Preise in den ersten drei Monaten '91 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 25,6, die Löhne aber nur um 18 Prozent gestiegen. Die Produktion sank um 15 Prozent, das Budgetdefizit belief sich auch wegen der Steuerausfälle auf umgerechnet 1,18 Milliarden DM.
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