: Bonn apart: Absolutismus in Grün
■ König Josef und seine Untertanen
Eigentlich glaubten wir inzwischen zu wissen, was grüne Real(o)politik so alles bedeutet. Aber wir haben uns über- und sie, die Realissimos, unterschätzt. Was man etwa letzten Mittwoch hörte, das wäre uns selbst für die gewagteste Prognose über ihren möglichen Werdegang nicht eingefallen:
Geladen hatte Joschka Fischer, neuer hessischer Minister für Umwelt und Bundesratsangelegenheiten, JournalistInnen zu einem Gespräch in die Bonner Dependance seines Landes. Noch einmal extra angeläutet wurde von einem grünen Sprecher wenige Stunden vorher die Deutsche Presseagentur, 'dpa‘. Ja, beschied man den Sprecher dort, der Termin sei bekannt. Es werde ihn jener Kollege wahrnehmen, der auch sonst immer über die Grünen berichte. Nein, setzte der Sprecher dagegen, den wolle Joschka Fischer nicht. Der Minister habe sich nämlich über dessen jüngste Grünen-Berichte geärgert— Berichte, die leicht ironisch von einigen Kapriolen der Realos in den letzten Wochen handelten. Bei 'dpa‘ ließ man sich nicht beeindrucken: Dann komme eben keiner, teilte man dem Sprecher mit — und wenig später war alles nur noch ein Mißverständnis: Der eine Sprecher habe vom anderen Sprecher eine unvollständige Liste bekommen, auf der gerade der Name jenes 'dpa‘-Korrespondenten nicht gestanden habe, selbstverständlich könne er kommen... „Wenn eine Partei bei der Agentur anrufen läßt und bestellt, daß sie den und den Journalisten für den Bericht wünscht oder nicht, dann wird's kriminell.“ Nein, geehrter Minister Joschka Fischer, das hat nicht Jutta Ditfurth gegiftet, als sie von diesem Treiben der Deinen in Bonn hörte. Das hat vor ein paar Jahren Herbert Schmülling gesagt, der stellvertretende Leiter des Bundespresseamtes!
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Da hätte sich Gisela Bill, die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin der Grünen, aber gefreut, wenn sie erlebt hätte, wie ihr großer Bruder Fischer aus Hessen vor Bonner JournalistInnen über sie sprach. Lässig zurückgelehnt, cool mit ein paar Münzen in seiner Hosentasche klimpernd, sagte er zu den anstehenden Verhandlungen zwischen Grünen und SPD in Rheinland- Pfalz etwa dies: „Gisela Bill ist eine Frau, die immer Probleme hatte, den Kopf nicht zu weit rauszustrecken. Inzwischen hat sie aber auch gelernt. Jetzt läuft das besser, da in Rheinland-Pfalz.“
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Dinge gibt's, die muß man nicht kommentieren. Der Titel des neusten Buches von Jutta Ditfurth über Politik und die eigene Person heißt: Lebe wild und gefährlich. Ferdos Forudastan
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