Der Sperrbezirk ist fast vom Tisch

■ Diskussion in Tiergarten über die Forderung nach einem Sperrbezirk für Prostituierte/ Polizeiexperte sieht keinen Zusammenhang zwischen Prostitution und sexueller Belästigung gegen Kinder

Tiergarten. Steter Ärger in Tiergarten-Süd: Drogen, Prostitution und starker Autoverkehr haben Anwohner, Lehrer und Eltern auf den Plan gerufen. Nun will die Bezirksverordnetenversammlung das Gebiet zum Sperrbezirk erklären. Auf einer Diskussionsveranstaltung in der Zwölf- Apostel-Gemeinde sahen die eingeladenen Experten diese Möglichkeit eher kritisch. So berichtete Maria Lang von einer Frankfurter Prostituiertenhilfsorganisation von ihren schlechten Erfahrungen mit dortigen Sperrgebieten. »Die Frauen sind sowieso immer da, wo die Freier sind, Sperrbezirk hin und her.«

Das Anschaffen würde so nicht »abgeschafft, sondern bloß in den Untergrund gedrängt«. Unterstützung erhielt Maria Lang auch von der Kripo. »Es gibt nach unseren Erkenntnissen keinerlei Zusammenhang zwischen sexuellem Mißbrauch von Kindern und Prostitution«, stellte der Leiter des Referats »Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung«, Kurt Richter, dar und nahm so einem wichtigen Argument der Sperrbezirksbefürworter den Wind aus den Segeln. »Der Bezirk Tiergarten liegt bei der jüngsten Statistik über sexuellen Mißbrauch von Kindern nur an 16. Stelle.«

Dennoch finden es viele unerträglich, jeden Tag über Spritzen und Kondome zu laufen: »Das will ich auch meinen Kindern nicht antun, die hier nicht mehr spielen können. Dazu kommt noch der Autolärm«, beschrieb eine Anwohnerin der Kurfürstenstraße die Situation.

Baustadtrat Horst Porath verwies im Rahmen der Debatte um Verbesserungen auf sein Bemühen, die »Freierrennstrecke« Pohl-/Kluckstraße zu Sackgassen zu machen, um so »zumindest den Autoverkehr« einzudämmen. Gefordert wurden ferner die häufigere Straßenreinigung durch die BSR sowie mehr Spritzenentsorgungsstellen. Für »mehr niedrigschwellige Angebote für drogenabhängige Frauen« wie das Café Olga setzte sich Mitarbeiterin Jutta Diesbach ein.

Die Diskussionsteilnehmer wollen nun konkret etwas anpacken, um den Stadtteil anwohnerfreundlicher zu gestalten. So regte Elternvertreterin Piko Woeklky einen Runden Tisch an, »an dem die Kleinigkeiten wie mehr öffentliche Toiletten angegangen werden und auch die verstärkte Aufklärungsarbeit koordiniert wird.« Vom Sperrbezirk sprach gegen Ende der Veranstaltung kaum noch jemand. Jeanette Goddar